Wir sind, was nicht nur, aber vor allem den alpinen Skisport betrifft, in der Post-Hirscher-Ära bescheiden geworden. Aber diese Bescheidenheit kann, nein: darf alles, nur keine Zier sein. Klar, dass man über einen dritten Podestplatz (vom Kärntner Christian Walder, dem Conny-Hütter-Freund) in einem Herren-Super-G jubelt und einen Mannschaftserfolg ohne Podiumsnähe in einem Damen-RTL nach den vielen Watschen mittlerweile schon als tollen Fortschritt betrachtet. Aber Hand aufs Herz, hätte es nicht bis vor wenigen Jahren massive Kritik von allen Seiten gehagelt, wären die rotweißroten Pistenartisten von der Konkurrenz so gebeutelt oder mitunter gar zu Statisten degradiert worden wären wie zum Auftakt dieser WM-Saison.
Niemand will die ersten Schritte aus einem der schlimmsten Skikrisen leugnen, aber ein einziger (Schanzen-)Sieg, ein paar Podestplätze und ansonsten mittlere Platzierungen sind weder das Gelbe vom Ei noch der Anspruch einer Skination, die sich mehr als zwei Jahrzehnte lang als die unantastbare Nummer 1 der Welt fühlte, verkaufte und auch dementsprechend sportlich benahm. Mit einem Haken an der schönen Sache: Solange es Überdrüber-Stars gab wie Hirscher, aber auch eine unverletzte Veith, da wurde vor lauter fetten Schlagzeilen und tollen Superlativen offenbar darauf vergessen, aus einer Masse an Nachwuchs auch Klasse zu formen, die die Lücken über kurz statt lang füllen hätte können.
Wie allseits bekannt und nicht neu, so ist vor allem bei den Herren der Übergang vom erfolgreichen Junior zum Spitzenmann bei der Elite alles andere denn leicht, trotzdem stellt sich die Frage, warum es gerade immer weniger ÖsterreicherInnen schaffen, ihrer Vorschusslorbeeren bei den Großen gerecht zu werden. Ja, was hatte man alles von Fabio Gstrein erwartet – und wo krebst er immer noch im Europacup herum? Was ist aus jener Nadine Fest aus Kärnten geworden, die bei den Mädels auch bei Junioren-Weltmeisterschaften eine Klasse für sich gewesen war? Wenn der Leistungsabfall und damit auch der Schwund vielversprechender Talente so eklatant ist, dann muss man den Ursachen auf den Grund gehen statt allerlei Erklärungen, Ausflüchte, Entschuldigungen zu suchen.
Eine Ski-Nation, die die Nummer 1 sein will, darf sich nicht mit vier oder fünf im ersten Dutzend zufriedengeben, weil sie in erster Linie an Siegen gemessen wird. Österreich erwartet, nein braucht natürlich eine gute Breite, vor allem aber absolute Spitze. Und da wäre es aller höchste Zeit, dass es pünktlich zum Schneesegen endlich, auf welcher Front immer, nicht nur alte, sondern auch neue Siegernamen hereinschneit. Es wäre ein Himmel- und Weihnachtsgeschenk in einem, das möglicherweise wie ein Wundermittel gegen die sportliche „Corona-Krise“ wirkt.