Den hellen Momenten am ersten folgte in der zweiten Runde der US-Open in New York ein rabenschwarzer zweiter Tag. Es ging sozusagen Ruckzuck, dann waren im Einzel wie im Doppel (gestern auch Ofner mit Muller)fast alle Österreicher draußen beim letzten Grand Slam des Jahres, es sei denn, irgendeiner der Doppelspezialisten angelt sich noch schnell, Wimbledon-Beispiel Melzer-Benesova, eine schlagkräftige Dame fürs Mixed-Turnier, grad jetzt, da der gemischte Sportsatz ja en vogue ist. Oder es sei denn, dass unsere zuletzt bei einem Turnier in Kanada wieder mehrmals siegreiche Junioren-Hoffnung Josef Joel Schwärzler oder eine Tamara Kostic den einen oder anderen Sieg im US-Open-Juniorenbewerb holen.
Würd´s so kommen, wär´s schmerzlich für Schwärzler, dass er dann auf seinen Spezialcoach Jürgen Melzer verzichten muss, der in seiner weiteren Doppelfunktion als Sportdirektor und vor allem Daviscup-Kapitän nämlich am Mittwoch in Wien bei einer vom ÖTV- und Kitzbühel-Sponsor organisierten Pressekonferenz den Kader für das Duell mit Portugal ab 15. September in Schwechat bekanntgeben muss. Und bei allem Respekt vor einer ehemaligen Nr. 8 ist´s halt ausgeschlossen, zur gleichen Zeit mit einem Hintern auf zwei Kontinenten zu sitzen – es denn, die Technik macht´s ja möglich, Melzer wird zu nachtschlafender NY-Zeit aus der Stadt zugeschaltet, die bekanntlich niemals schläft. Alles eine Frage der Prioritäten.
Vor dem Schlagabtausch mit den Portugiesen gab´s ja schon einen Vorgriff bzw. Vorgeschmack mit dem Viersatzsieg von Sebastian Ofner gegen Nuno Borges gerade jetzt in Flushing Meadow, ein Erfolg, der uns von der Papierform her zu Favoriten stempelt. Nach dem Blackout von New York, begleitet von unerträglichen Magen-Darm-Schmerzen bei Dominic Thiem, die ihn bei 6:7,0:1 zur Aufgabe gegen Shelton (USA) gezwungen hatten, und Schulterproblemen bei Ofner, die ihm gegen Frances Tiafoe (3:6, 1:6, 4:6) keine Chance ließen, dürfte Melzer wohl die Qual der Wahl mit der bangen Frage plagen: Wer ist fit genug, um die rotweißroten Fahnen gegen Borges und vermutlich die Sousa-Brüder hochzuhalten?
Was den nach dem Dreisatzsieg gegen den kasachischen Rabauken Bublik vorschnell abgefeierten, binnen 48 Stunden aber wieder von einer Gastritis (Ferndiagnose Leibmanager Moritz Thiem) besiegten Doch-nicht-mehr-Domnator Thiem betrifft, so kenn´ ich mich nicht aus, was da los ist. Wer ein eher zweitklassiges Kitz-Finale erreicht, was man trotzdem erst erreichen muss, wer dann eine längere schöpferische Pause einlegt, um den Akku aufzuladen, und wer dann nach einem Grand-Slam-Sieges-Comeback beruhigt, befreit und positiv gepolt sein sollte, dem können doch nicht ständig psychosomatische Probleme sauer bis schmerzhaft aufstoßen.
Und angesichts der medizinischen Koryphäen, die es im Spitzensport gibt, sollte eine Gastritis doch in kürzester Zeit unter Kontrolle zu bringen sein, oder? Wie gesagt, mir ist das alles ein Rätsel, das aber möglichst schnell gelöst werden sollte, denn in den kommenden Wochen geht´s, was Tennis in Österreich betrifft, ja richtig rund: Challenger in Tulln, Challenger in Bad Waltersdorf, das womöglich auch zu einer Kur genützt werden kann, Daviscup und im Oktober dann noch die Erste Bank Open 500 in Wien, bei der sich Stand der aktuellen Dinge ein Großteil der Weltklasse versammeln wird, zu der ehedem auch Thiem als US-Open-Sieger , Publikumsmagnet, Stadthallensieger und Weltranglistendritte gehört. Es war einmal…
Wie sich die Fitness beim derzeit bestplatzierten Österreicher im Ranking, Sebastian Ofner, aus dem Thiem-Stall entwickelt, scheint ebenfalls mehr als fraglich und damit abzuwarten. Kein Wunder, dass den „Ofi“ manch Gelenke zwicken, schließlich hat er inklusive US-Open schon 73 Matches in neun Monaten in Armen und Beinen, viele Reisen, Flüge, Zeit-Umstellungen inklusive. Immerhin gat der 27jährige Steirer mehr geliefert als vordem erwartet – sowohl an beachtlichen Erfolgen (Achtelfinale Paris) als auch an Preisgeld, das bei Profis mehr als beachtenswert ist,
Zurück bleibt nur die Frage, wie viel an Schmalz noch da ist beim heimischen Spitzenduo, das bei allem Respekt mehr drauf hat als die Rodionovs, Novaks, Misolic’s, Neumayers ebenso wie das auf unterer bis mittlerer Ebene erfolgreiche Doppel Erler-Miedler und andere Österreicher, die mit Ausländern spielen (Oswald, Weißborn). Gastritis hin, Verletzungen her, es krankt im heimischen Tennis(verband) auch an der ehrlichen, aber nötigen Selbsterkenntnis und darum auch an Selbstkritik., die sowieso durch Schönfärberei weggeschrieben wird. Was gestern und vorgestern war, das zählt nämlich in der schnelllebigen Zeit heute und morgen nicht mehr. Sonst wäre ja die Rückkehr von Thiem im seine bevorzugte Wohlfühloase Flushing Meadow nicht binnen zwei Tagen zur Sanität geworden, wo er schmerzgeplagt das Handtuch warf…