Gerade als sich Sepp Straka anschickte, am letzten Loch seines Singles gegen den zweimaligen Major-Sieger Justin Thomas aus den USA zum Unentschieden einzulochen, war´s vorbei mit seiner Konzentration. In eben diesem zumindest für ihn historischen Moment brandete nämlich tosender Beifall auf, weil der britische Teamkollege Mike Fleetwood eben den Punkt gemacht hatte, der den klaren 16,5:11,5-Sieg des Europa-Teams im Ryder-Cup gegen die USA im Marco-Simone-Club bei Rom fixierte.
Kein Wunder, dass Straka da mit dem Kopf nicht mehr bei der obsoleten Sache war, schließlich war er Teil des Teams, das an einem sich dramatischzuspitzenden Finaltag mit Ups und Downs triumphierte. Dass Sepp das letzte Loch herschenkte, spielte keine Rolle mehr. Der wichtigste aller Potts im Golf, früher nur zwischen USA und United Kingdom ausgetragen, war wieder im Besitz der Europäer unter dem englischen Captain Luke Donald, schon als Spieler mehrmals Mitglied eines siegreichen Ryder-Cup-Teams gewesen war. Alles ohne Preisgeld. Alles um Ehre und Prestige. Alles gegen Accessoires wie Hemden, Hosen, Kappen und Schuhe, die man Kind und Kindeskindern zeigen kann als Indizien, wie sich Bubenträume – Mann oh Mann – in Meilensteine verwandeln.
Diesmal alles etwas außerhalb der Ewigen Stadt, die mit etwa 300.000 Fans tagelang der Nabel der Golf-Welt gewesen war. Und das alles mit einem Wiener vom Petersplatz in der Inneren Stadt, auch wenn er jetzt in Amerika verheiratet ist. Aber gelernt hat Straka das Handwerk im Golf-Club Fontana, den der Nie-Golfer Frank Stronach hat bauen lassen. Und wo der junge Sepp, damals schon viel kräftiger als sein Zwillingsbruder Sam, mit dem als er Torjäger er auch im Schülerteam von Trumau bei Baden seine(Tor)-Mann stand, seine Ausbildung erhalten hatte. Standfest war er auch als Skiläufer, der sich aufs Pistenvergnügen im Weihnachtsurlaub (von Georgia, wo er studierte) freute.
Sein Talent hat dieser Straka schon früh angedeutet, aber er gehört – anders als der schwedische Neo-Profi Aberg nicht zu den Stars -, die vom Himmel fallen. Der Sepp hat sich seine Träume sozusagen Stück für Stück, Jahr für Jahr erfüllt: Korn-Ferry-Tour, Pendant zur Challenge-Tour in Europa. Erste Cuts in der PGA-Tour: Erste Top-10-Resultate, Olympia in Tokio inklusive. Erster PGA-Triumph in der Honda-Classic, zwei weitere verpasste Siege im Stechen. Qualifikation fürs FedEx-Finale mit Preisgeldern, bei denen das Konto ebenso wuchs wie Selbstvertrauen und Spielstärke des Neo-Amerikaners aus Austria mit Wiener Zungenschlag.
Sein unaufhaltsamer Aufstieg, nur unterbrochen von kleineren Formschwankungen, gipfelte heuer mit Platz 7 in den vorverlegten PGA-Championships und als sensationeller „Runner-up“ im British Open, dem Klassiker aller Klassiker im Golfsport – und mit Platz 23 an die Schwelle der Top 20 der Welt. Ein Traum, der zum nächsten führte, bis zum Captains Pick fürs Europa-Team im Ryder-Cup als erst zweiter Österreicher nach Wiesberger. Aber als erster Wiener, der kam, sah und auf Anhieb einen wichtigen Punkt fürs Team machte, Der zweite halbe, den er hätte machen können, aber verpasste, war schon bedeutungslos im Siegesrausch, in dem gehupft, gebrüllt, geküsst wurde von Männern unter Männern, aber auch Mann und Frau. Überschwang ohne Übergriff.
Jetzt warten auf Sepp Straka nicht nur weitere Sportliche Träume, die er sich noch erfüllen kann und will, sprich: einen Major-Sieg (Masters; PGA-Championships, US-Open, British Open), sondern auch Nachwuchs mit seiner amerikanischen Frau Paige, die ihn hochschwanger nach Rom und auf dem Weg zum Ryder-Cup-Sieg begleitet hatte. In diesem Sinne sei frei nach Gerhard Bronner und Helmut Qualtinger gehofft und gesagt: Da Papa (in spe) wird´s scho richten…