LIVE MIT JOE METZGER

Gefährlich ist´s, den Leu zu wecken, verderblich ist des „Djokers“ Zahn

Gefährlich ist´s, den Leu zu wecken, verderblich ist des Tigers Zahn. Jedoch der schrecklichste der Schrecken, dass ist der Mensch in seinem Wahn. Entschuldigen Sie, werte Blog-Leser, dass ich da Friedrich Schiller mit dem Lied von der Glocke im Zusammenhang mit Tennis zitiere, um nicht zu sagen mit dem am längsten dienenden, an Grand-Slam-Siegen besten und an Preisgeldern reichsten, allerdings oft ungeliebten menschlichen Klassiker dieser Spitzensport-Szene. Jawohl, er war und ist damit gemeint, der 36-jährige Novak Djokovic, jener serbische Nimmersatt des Erfolges, der immer dann alles aus sich herausholt, immer dann seine besten Schläge auspackt, wenn er mit dem Rücken zur Wand und mit einem Bein schon vor dem Aus steht.

Ja, wer den Leu in diesem Serben weckt, der früh vom Skilauf zum Tennis gewechselt war, bei dem müssen alle (Alarm)-Glocken läuten, dass er sich in einen vermeintlich fast schon verlorenen Schlagabtausch so hineintigert und darin verbeißt, dass er am Ende den Gegner niederstreckt und im wahrsten Sinn des Wortes die Oberhand behält. Nichts hätte das besser dokumentieren können als die Duelle auf des Messers Schneide beim 1000er-Masters in Paris, wo er Runde für Runde so lange den Kopf über seine Fehlschläge schüttelte, bis er die Schwächen abbeutelte, um den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. 

So war´s, wie man im Pay-TV verfolgen konnte, beim Achtelfinalmatch gegen den krassen holländischen Außenseiter Tallon Griekspoor, der immer wieder Trümpfe aus seinem Talon zog, immer wieder bei Aufschlag-Volley die Faust zeigte, bis ihn der Djoker entzauberte, entwaffnete und zum Fäustling degradierte. Und am Ende wiederholte sich dieses Spielchen im Viertelfinale gegen den dänischen Vorjahrssieger und Neo-Becker-Schützling Holger Rune, der schlussendlich verzweifelte, weil Djokovic auf manch grandiosen Schlag eine noch bessere Antwort parat hatte, um sich für die Vorjahrsniederlage im Endspiel zu revanchieren.

Und danach das Publikum, das sich in Paris wie überall auf der Welt halt meist mit dem David verbündete, zu etwas mehr Applaus für ihn, den nimmermüden, siegeshungrigen Tennis-Goliath aufforderte. So ist das – und entschuldigen Sie bitte den Vergleich, der nur im übertragenen Sinne gemeint ist – eben mit den großen, gefährlichen, gefürchteten Raubtieren, die auf Beute aus sind, und mit denen man darum lieber auf Distanz geht. Wenn einer wie Djokovic gleichsam schon auf dem Zahnfleisch geht, dann hüte sich jeder, der ihm in die Quere kommt, weil er dann besonders bissig ist. Auch andrej Rublew hat das im Semifinale von Paris-Bercy am eigenen Lei erlebt. Wär´s anders, hätte der Serbe  ja trotz Ausschlüssen und temporären Aussperrungen nicht noch (langsam weit) mehr gewonnen  als größere Sympathieträger im Tennis. Aber da entscheiden a bekanntlich keine Punkte…

PS: Auch wenn Holger Rune vom Djoker gebändigt wurde, so scheint der Däne mit der Becker-Wahl zum neuen Coach den rettenden Anker zur richtigen Zeit geworfen zu haben. Vor dem Engagement des ehemaligen Bumm-Bumm (wie auch immer) und sechsfachen Grand-Slam-Siegers hatte Rune nach Wimbledon in einer rasanten Abwärtsspirale acht von neun Matches verloren – mit Bobele als Coach hat er eine Bilanz von 5:2-Siegen und nur gegen einen Titelverteidiger (Auger-Aliassime, Basel) und nun in Paris gegen Djokovic verloren, aber das Ticket für das ATP-Finale doch noch gelöst. Die Becker-These, dass es doch ein Vorteil ist, wenn Coaches aus eigener Erfahrung heraus Tipps für Grenzsituationen geben können, hat sich an und bei Rune schon mehrmals bewahrheitet. Der Djoker allerdings ist halt ein eigenes Kapitel. Eben ein Leu  und Tiger in einer Gestalt..

 

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