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Von Melzers neuem Vertrag und der heimischen Sucht nach Sportdirektoren

fotocredit. österreichischer tennisverband

 

Österreichs Tennisverband darf jubeln. Jürgen Melzer, mehrfacher Grand-Slam-Doppel- und auch Junioren-Wimbledonsieger ein Jahr nach Roger Federer, hat seinen Vertrag als ÖTV-Sportdirektor um drei Jahre bis 2026 verlängert. Wie ich der Jubelmeldung entnehme vor allem deshalb, weil er noch Großes vorhat, wobei es keine detaillierte Beschreibung der Größenordnungen gibt, die er ins Aug´ gefasst hat.

Seit einiger Zeit hat sich die emeritierte ehemalige, allerdings kurzfristige Nummer 8 der Tenniswelt vor allem mit dem Junioren-Star Josef Joel Schwärzler ins Rampenlicht gestellt, ganz so, als hätte er den 17jährigen erfunden, obschon der Neo-Südstädter mit südafrikanischer Mama (wie Federer) und Ländle-Papa im Campus Vorarlberg ausgebildet worden und schon als 14-jähriger bei den älteren Semestern erfolgreich war. Zuletzt hat die aktuell größte und medial am besten verkaufte ÖTV-Hoffnung zwar das Junioren-Saisonfinale in China und an der Seite von Neil Oberleitner auf Kreta auch zwei Future-Doppeltitel gewonnen, ist hingegen selbst auf niederer Stufe eines 15.00er-Turniers im Einzel gegen keineswegs überragende Gegner jeweils schnell ausgeschieden.

Etwa deshalb, weil sein sonst sehr reisefreudiger Sportdirektor-Mentor nicht dabei war, um Ratschläge zu erteilen? In der Kitzbühel-Qualifikation saß Melzer zwar erste Reihe Mitte in der Spielerbox, verhindern konnte er allerdings die ganz klare Auftakt-Niederlage des Juniors gegen Dennis Novak nicht. Jenen Novak, der ein paar Wochen später im Daviscup-Heimduell gegen Portugal die entscheidende Partie verlor – unter Daviscup-Captain und Sportdirektor Melzer in Personalunion. Und wenn ich mich recht erinnere, dann war der Sportdirektor ja sogar mit von der von vornherein ziemlich verlorenen Billie-Jean-King-Cup-Partie an der Ostküste gegen die US-Weltklassetruppe, obschon es auch eine BJK-vormals Fed-Cup-Kapitänin gibt, die Marion Maruska heißt.

Welch große Perspektiven hat der Sportdirektor nicht nur „Übersee“, sondern auch bei der Heimpleite der Damen in Schwechat gegen Mexiko entdeckt, wo ohne der verletzten Spätzünderin Grabher immerhin eine damals gerade noch keine 33-jährige Mimi (Paszek) und eine damals schon 33-jährige Melanie (Klaffner) ihre wichtigen Spiele ebenso verloren wie eine jahrelang in Deutschland domizilierte Sinja Kraus, was auch deren Zungenschlag kaum verleugnen kann.

Angesichts dieser wirklich imposanten Bilanz einer dreijährigen Regentschaft war´s ja logische Konsequenz, sie um weitere drei Jahre zu verlängern und noch ein paar Challenger oder Future-Turniere unterzubringen, damit unser Nachwuchs seinen unaufhaltsamen Aufstieg ins Niemandsland zwischen verpassten top 100 und Top 300 fortsetzen kann. Ja, das Tennisleben ist schwer, der Mensch gut, der Geist willig, aber das Fleisch, Pardon: der Körper oder das Können leider zu schwach, um voreilig geweckte Hoffnungen zu erfüllen. Und jetzt klammert sich alles mit Melzer an Schwärzler, ganz so, als wär´s die wichtigste Hausaufgabe eines Sportdirektors; Privattrainer eines auch körperlich recht großen Talents zu sein. Wenn das ein  Zukunftskonzept sein soll, dann kann man nur sagen: Gute Nacht!

Ja, ja, Österreich deine Sportdirektoren, die im Laufe der Jahre unter dem Vorwand, sie müssten alles analysieren, wenn nicht anders auch digital kommunizieren, wie teure Schwammerln aus dem Boden gewachsen sind. Es gibt nicht nur Melzer im Tennis, sondern auch andere, die sich immerhin wie ein Walter Bär im Schwimmen mit Kurzbahn-EM-Gold und Bronze dazu brüsten können, allerdings zwei Bewerben, die es in einem olympischen und WM-50m-Pool gar nicht geben kann.

Was aber ein cleverer, am Laptop geschulter Sportdirektor ist, der schaut schon genau nach und hin, wo die Dichte am kleinsten und damit die Chance am größten ist, sich – bei allem Respekt vor den Medaillengewinnern, die geliefert haben – vorübergehend ins mediale Rampenlicht zu setzen. Ob man dafür aber einen Sportdirektor braucht, der ein ganzes Jahr lang mit Drum und Dran bezahlt werden muss, stelle ich einmal in Frage. Schließlich gibt´s ja auch Olympiastützpunkte und Leistungszentren mit angestellten Cheftrainern, oder?

Ja, diese Süchtigkeit nach Sport- oder sonstigen Direktoren im heimischen Geschehen dürfte sich als Abziehbild vom Fußball eingenistet haben, wo ja schon die Zweitligisten ohne solche Jobs mit diffusen Anforderungsprofilen nicht mehr auskommen. Mag schon sein, dass der Vergleich etwas hinkt, ich möchte aber darauf verweisen, dass es im englischen Profi-Fußball einen hauptverantwortlichen Manager gibt beim Klub wie etwa jahrelang einen Alex Ferguson oder jetzt einen Pep Guardiola und einen Jürgen Klopp, die sich ein Team aussuchen, wo jeder spezielle Aufgaben erfüllt. Ich kann mich nicht erinnern, dass der in seinem Wesen einzigartige Schotte Ferguson jemals in die Rolle eines Privattrainers irgendeines seiner Spieler geschlüpft wäre, um ihn als sein persönliches Produkt in die Auslage zu stellen. Was anderswo ein Ding der Unmöglichkeit wäre, scheint hierzulande gang und gäbe. Notabene gegen gute Gagen!

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