Wenn von uns als Skination Nummer 1 geredet, geschrieben oder gejubelt wurde, dann galt das natürlich in erster Linie für den alpinen Rennsport, also die Werbetrommler für das touristische Pistenvergnügen, das mehr oder weniger gut betuchte Urlauber ins Land der Berge zieht. Derzeit allerdings, da die alpine Elite schon zufrieden sein muss, wenn sie ziemlich oft die Blechtrommel für vierte Plätze rührt in einem permanenten Auf und Ab, für das ein zwei, drei Speed-Spezialisten oder aber (nicht abwertend) einst vom legendären Charly Kahr zu Zickzack-Fahrern degradierte Techniker verantwortlich sind. Reden wir nicht von den zweiten Europacup-Ebene, in der wir auch heute wieder beim traditionellen Fassa-Slalom im Trentino eine ordentliche auf den Deckel bekommen haben mit dem Bischofshofner Christoph Meissl auf Platz 21 als bester Österreicher!
Und von wegen völlig überkommener Startnummern-Hysterie sei festgehalten, dass sich in diesem Slalom der Weltcuperprobte Belgier Marchant trotz Nr. 38 im Finale mit Bestzeit noch zwei Plätze vor Meissl eingereiht hat. Von Joan Verdu aus Andorra, der immer mehr auf den Spuren der leider früh verstorbenen Fernandez-Ochoa-Geschwister Paco (Olympiasieger 1972) und Blanca (Olympiabronze 1992) in Richtung einer Siegpremiere kurvt, ganz zu schweigen.
Skifreunde, sind wir froh, dass wir einen wahren Kraftmeier (meister) auf der Schanze haben, der heute nach einem kurzen Durchhänger schon seinen fünften Saisonsieg feierte, notabene mit dem jüngeren Kollegen Jan Hörl als Nr. 2 auf dem Engelberg-Podest. Ein toller Abschied von der alten Saison, ehe (noch 2023) die neue in Oberstdorf mit der klassischen Vierschanzentournee beginnt, in einem Winter ohne Normal- oder Großschanzen-WM eines der wichtigsten Highlights der Saison.
Der konstante Überflieger Kraft und der noch labile Hörl haben mit ihrem Doppelpack aber – das ist keine Miesmacherei, sondern Realität – natürlich auch kaschiert, dass bei den anfangs so groß auftrumpfenden anderen Adlern (Hayböck, Fettner, Tschofenig) etwas der Saft und die Luft ausgegangen zu sein scheinen. Darauf werd´ ich später in anderem Zusammenhang noch zurückkommen…
Ja, ja, die Nordischen und die doch leicht überwuzelten Snowboard-Evergreens (Karl, 38, Promegger, 43) sind´s mit dem Big-Air-Golden Girl Anna Gasser, dem eingebürgerten Tschechen Svancer und dem Langlauf-Duo Teresa Stadlober (heute 12. über 10km) und Mika Vermeulen (heute 16. üverv 10km, asechstbester Nicht-Norweger, bester Mitteleuropäer), die unsere Skifahnen möglichst hochhalten.
Jetzt komme keiner und sage, dass dies die logische Konsequenz eines Systems ist, das wäre (eventuell) abseits vom Schanzensport einfach eine Irreführung der größtenteils uninformierten Jungkollegen meiner Zunft, die sich dann wundern, wenn sie vordem knallige Erfolgsmeldungen in unerklärliche Negativ-Schlagzeilen verwandeln müssen.
Irgendwas in unserem Skisystem, das an sich anderen Nationen überlegen sein müsste auch angesichts des öffentlichen und veröffentlichten Interesses, stimmt ganz sicher nicht. Je ehrlicher man sucht und je schneller man das findet, umso schneller wird man auch Tiefen gegen neue Höhen tauschen können.
Um auf den Hinweis auf Abwärtsspiralen bei manch einem Unserer Skisportler zurückzukommen, möchte ich darauf verweisen, dass wir wie Eichhörnchen viel zu viel auf viel zu kleine Weltcuppunkte schauen statt zu trachten, echte Sieg- oder Podest-Läufer wie Marco Schwarz zu produzieren, wie das früher der Fall war.
Einst in Wintern, in denen weniger auf FIS-Punkte (woher auch immer) geschaut wurde denn auf das skifahrerische Können. Traurig genug, wenn ein ehrlicher Alpinchef wie Herbert Mandl gestehen muss, dass unser Nachwuchs halt schlechter Ski fährt als mitunter die Freunde aus Andorra, Griechenland, Belgien oder LL-Dorado Finnland.