LIVE MIT JOE METZGER

Von Radgiganten, Sturzorgien und Kleingeld selbst für Topstars in Relation zum hohen Risiko

Ich werde mich im heutigen Blog ganz sicher nicht mit unseren Tennisstars unter Anführungszeichen beschäftigen, die sich mit mehr oder weniger erhoben Häuptern mit oder ohne Freilos in der 2. Runde aus Estoril im Süden Portugals und Marrakech in Marokko verabschiedet haben. Mir liegt am Herzen, sich aus gegebenem Anlass mit dem beinharten, gnadenlosen, unbarmherzigen Job vor allem der professionellen Pedalritter auseinanderzusetzen, also dem Radsport.

Wie im abgelaufenen Winter beim Skirennlauf, so hat´s zuletzt eine Radsportgröße nach der anderen mehr oder weniger folgenschwer und schmerzhaft in einer wahren Sturzorgie erwischt. Nach dem deutschen Kletterer Kämna (Kollision mit Auto im Training) und Belgiens mehrfachen Tour-Etappensieger und Olympiazweiten Wout van Aert überstürzten sich im wahrsten Sinn des Wortes die Ereignisse bei der  Baskenland-Rundfahrt, als die Gruppe um die drei Topstars des Rennens bei Tempo 80 oder noch schneller auf Begrenzungssteine prallte, sich ineinander verkeilte oder überschlug. Dramatische Szenen, in denen es einem kalt den Buckel runterlief, sich die Angst vor einer Tragödie einschlich, Gänsehaut-Atmosphäre der anderen Art erzeugte.

Weil vor allem der zweimalige Tour-de-France-Sieger Jonas Vingegaard regungslos in einem Graben lag, musste man schon das Schlimmste befürchten, ehe aus den Spitälern im Umkreis doch erleichternde Entwarnung kam. Vingegaard kam mit Schlüsselbein- und drei Rippenbrüchen halbwegs glimpflich davon. Ebenso wie Belgiens Wunderknabe Evenepoel (Schlüsselbein, Schulterblatt) oder Sloweniens Triple-Vuelta-Sieger Roglic, der nur mit Prellungen und Schrammen selbst zum Team-Auto humpelte. Jay Vine erlitt Wirbelfrakturen, hatte aber Glück im Unglück, dass dabei die Nerven verschont blieben, also keine Lähmung droht.

Diese geballte Ladung an Unfällen mag zwar nach Zufall klingen, ist´s aber eher nicht. Für mich vielmehr eine der Folgen, dass auch in der angeblichen Post-Doping-Ära noch höheres Tempo angeschlagen, die Risikobereitschaft auch bei den Topstars noch mehr gesteigert wird samt der Gefahr, irgendwann im Kampf um Siege, Verträge und private Sponsoren darüber zu stürzen. Wie gut dotiert die Verträge der Superstars auch immer sein mögen, ganz zu schweigen von Mindestlöhnen der sogenannten Domestiken – in der unverhältnismäßigen Relation zu horrenden bis astronomischen, schon amoralischen  Gagen von Formel-1-Piloten, Fußall-Ikonen, Tennis- und Golf-Größen kassieren selbst die Giganten der Landstraßen, die Könige der Berge und die Kaiser unter den Tempobolzern oder Sprintspezialisten eher einen Bettel, um nicht zu sagen: einen Nasenrammel.

Und das, obschon die Profis radelnde Litfaß-Säulen sind, die ihre (Klein) Brötchen-Geber immer wieder bildfüllend präsentieren. Es passt aber nichtsdestotrotz irgendwie ins Bild dieser Zeit, die alles auf den Kopf stellt, dass weit mehr Geld in anachronistischen, politisch verteufelten, gottverbotenen Temporausch gesteckt wird, als in den politisch geförderten Mobilitätssport, wo sich buchstäblich das Rad der Zeit dreht. Wie aber heißt´s so schön: Jeder/jede ist seines/ihres Glückes Schmied. Umso schöner, dass sich Radsportler, die wie Skistars wissen, was ohne Knautschzone auf sie zukommen kann, weiter abstrampeln. Wie auch Felix Gall, unser Sportler des Jahres, der zum Glück nicht in den verheerenden Massensturz verwickelt war, weil er nach einem glimpflichen Trainingssturz halt noch nicht wieder so gut drauf war, um mit den (vorn radelnden) Besten mithalten zu können. Ein Glücksritter unter Sturzpechvögeln … 

Zum Kommentieren hier klicken

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Meist gelesen

To Top

Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen ein angenehmeres Surfen zu ermöglichen