Bin mir fast sicher, dass die Bayern neidisch nach Leverkusen und zu jenem Trainer Xabi Alonso schauen, der offenbar mit dem ganz speziellen Real-Madrid-Gen gesegnet ist, mit dem sich Spiele in letzten Minuten drehen lassen. Was dem Königlichen am Vorabend wie auch immer gelungen war, das glückte der ebenso meisterlichen Bayer-04-Werkself auf ebenso dramatische Art und Weise, als schon die erste Niederlage, die Verlängerung und womöglich das Aus in der Europa-League gegen die AS Roma drohte.
Der FC Bayern, der von seinem früheren „6er“ zuerst als Meister entthront wurde und danach zusätzlich als allererster Wunschtrainer einen Korb bekommen hat, wird sich jetzt erst recht fragen: Wie macht das nur der Alonso, dass frei nach Gary Lineker wie in den besten Zeiten des deutschen Nationalteams am Ende immer Leverkusen gewinnt oder zumindest nicht verliert, also just im Finish stets die Weiße Weste behält.
Nach dem 2:2 in Minute 95 nach 0:2 bis zur 83. Minute sind es jetzt schon rekordschlagende 49 Matches am Stück, die die inzwischen nicht mehr ganz so „No-Names“-Truppe ungeschlagen ist. Und die mit dem Aufstieg ins Endspiel gegen Atalanta Bergamo, den nächsten Serie-A-Spitzenklub, weiterhin die Chance auf das „kleine“ Triple besitzt, also nach der deutschen Meisterschaft auch den DFB-Pokal und die Europa-League zu gewinnen.
Für solch fast wundersame, dramatischen Peripetien wie auf der Theaterbühne gibt´s natürlich keine plausiblen Erklärungen. Sehr wohl hingegen für die Auswahl an Spielern, die man aus in- wie ausländischen Talente-Schuppen holt, um rund um etablierte Routiniers ohne große Namen eine verschworene Einheit zu schaffen, die immer und überall ans Limit geht, um ihr Spielglück zu zwingen. Das, so meine ich, hat nichts mit Schlagzeilenpolitik um Millionenstars zu tun, mit denen sich der FC Bayern zuletzt immer mehr glücklos bis schmerzhaft in die Nesseln gesetzt hat.
Bei allem Respekt vor der schon unheimlichen „Neverkusen“-Serie wird sie irgendwann reißen, was aber nichts daran ändert, dass hier auch dank eines ruhigen, selbstbewussten Trainers mit kongenialen Partnern ein Musterbeispiel geliefert wurde, wie man was wird, wenn man mit höchster Anstrengung an einem Strang zieht, ohne große Töne zu spucken. Kein Wunder, wenn den FC Bayern da der Neid des erstmals seit vielen Jahren Besitzlosen frisst…
PS. Jetzt frage ich mich beim Blick in die Premier League unwillkürlich, wozu der vordem von den Briten kaum wahrgenommene, eher angezweifelte Oliver Glasner mit den Crystal-Palace-No-Names als Trainerneuling in England noch fähig ist. Die Bilanz, seit er das fast schon sinkende Schiff in sichere Gewässer gesteuert hat, kann sich sehen lassen. Mit den unter Glasner seit Ende Februar eroberten Punkten wäre der Klub aus dem Süden Londons nämlich an 5. Stelle und in jener Europa-League dabei, die der leise Erfolgsmensch mit Frankfurt schon sensationell gewonnen hat.