Kaum sind unsere Tränen getrocknet, schon weint, greint und grollt unser Veranstalter-Nachbar Deutschland, der wie wir gegen die Türken als am Ende bessere Mannschaft gegen die Spanier ebenfalls mit 1:2 verloren hat. Aus und vorbei, Träume geplatzt. Aber wenn die Deutschen schon das Kreuz über die Neuauflage eines Sommermärchens machen müssen, dann geht das natürlich nicht ohne Sündenbock, der ihnen die perfekte Dolchstoßlegende servierte.
Jeder, der das packende Spiel über mehr als 124 Minuten verfolgt hat, weiß natürlich, dass damit der Briten-Schiedsrichter Taylor im deutschen Sinn des englischen Wortes die maßgeschneiderte Person war und bleibt, auf und über den sich der Volkszorn entlädt. Sein Mut, bei einem aus kurzer Distanz im Strafraum an die Hand des spanischen Zottelschopfes Cuccurella geschossenen Balles keinen Elfmeter zu geben, löste Wut bei den Spielern über Betreuer, echte Fans bis in ihrer Staatsehre gekränkten VIP´s aus. Und natürlich Diskussionen, welcher Teufel den Mister Taylor da geritten haben mag, in denen die Emotionen hochwallten.
Ja, was wäre gewesen, hätte es Elfer für Deutschland und höchstwahrscheinlich 2:1 geheißen, ehe Spanien das Siegestor gelang? Mehr als nur ein Stammtischthema, das die ganze deutsche Nation wohl noch so lange bewegen wird, bis sich am Ende der Euro-Tage dann womöglich die unterschwellige Botschaft durchsetzt, dass diese Euro 2024 mit allem Drum und Dran, vollen Stadien und noch volleren Kassen auch in den Public-Viewing-Zentren, ja selbst schon ein zweites, neues Sommermärchen ist mit einem Ersatz-Europameister von Gnaden eines englischen Referees, der die Deutschen in Stuttgart verpfiffen hat.
Ich möchte nicht wissen, was sich die Deutschen denken oder fluchen, wenn schlussendlich England das erste Mal seit 1966 wieder einen Titel gewinnen, seit dem WM-Sieg mit dem bis heute umstrittenen Wembley-Tor-oder-nicht-Tor in der Verlängerung gegen Deutschland, Bis heute eine Dolchstoßlegende …