Es schien schon mehrmals so, als würde er wieder in Augusta alles verspielen, ehe er den Briten Justin Rose, Olympiasieger von Rio de Janeiro 2016, am ersten Extra-Loch im Play-off ausstach. Damit war der drahtige Nordire Rory McIlroy nach vielen unerfüllten Hoffnungen doch noch an den Endstation Sehnsucht angekommen, symbolisiert durch das grüne Sakko, das traditionell vom Titelverteidiger (Scottie Scheffler, USA, heuer 4.) dem neuen US-Masters-Sieger angezogen wird.
Und damit schloss sich am Tag einer Achterbahnfahrt zwischen Abschlägen und Einlochen für den populären Publikumsliebling McIlroy. Nicht weniger als 11 Jahre ohne Major-Siegen schloss sich für den schlagkräftigen Nordiren der Grand-Slam-Kreis mit dem ersten Masters-Triumph, der ihm nach den Siegen im British Open (2014), US-Open (2011) und zweimal bei PGA-Championships (2012/14) versagt geblieben war. Jetzt ist der Nordire erst der sechste Golfer, der den Major-Grand-Slam geschafft hat – und nach fünf Amerikanern der erste Europäer. „Willkommen im Klub“, bwgrü0te ihn Tiger Woods, der letzte Vorgänger, dem das gelungen war.
Dabei hatte man schon den Eindruck gewonnen bzw. bekommen, als würde Rory auch heuer wieder der Augusta-Fluch einholen und zu packen, als er unter Druck ähnlich viele Fehler beging wie zwei Tage davor der darob am Cut gescheiterte Sepp Straka. Obendrein einen vermeintlich fatalen Flop am letzten Loch, als er mit einem weiteren Schlagverlust zu einer 73er-Runde (+1, gesamt -11) von Justin Rose eingeholt und in ein Stechen gezwungen worden war. Und sich so im Handumdrehen vom verhinderten Sieger in einen womöglich verunsicherten Kandidaten verwandelt zu haben schien.
Der Schein aber trog. Nicht Justin Rose, der Verfolger mit einer 66 im Rücken, drückte dem Stechen den Stempel auf, sondern der davor gebeutelte McIlroy. Das mag natürlich bis zu einem gewissen Grad auch Glückssache gewesen sein, aber es ist auch Sache der Besten ihres Metiers, dass sie in der Lage sind, das verlorene Momentum doch noch zu drehen.
Angesichts der (Welt) Klasse von Rory McIlroy waren die Bogeys und Doppel-Bogeys, die er in der Finalrunde kassiert hatte, ein wahrlich ziemlich schwaches Ergebnis. Schlecht drauf sein, schlecht spielen, aber an einem schlechten Tag mit dem Rücken zur Wand dennoch gewinnen zu können, das ist es, was Superstars von Stars abhebt und unterscheidet. Nicht nur im Golf, nicht nur im Einzelsport, sondern auch bei Klubs und Teams. Keine Platitude, sondern eines der ungeschrieben Sport-Gesetze.

