Am 26. April 2021 sorgte eine gewisse österreichische Speerwerferin namens Victoria Hudson für LA-Schlagzeilen. Bei einem allerdings doch eher peripheren Einladungsmeeting in Eisenstadt schleuderte Victoria den Speer auf die österreichische Rekordweite von 64,68m, eine absolute Weltklasseleistung, etwa drei Meter weiter als die alte Ö-Marke. Noch viel mehr und wertvoller als das – sie katapultierte sich damit nicht nur zum Freiluft-Saisonstart hinter einer Chinesin namens Liu auf Platz zwei der Weltrangliste, die siegreiche Victoria landete damit auch gleich mit dem ersten, großen Wurf des Jahres im Olympiateam, in dem der ÖLV nun mit sechs SportlerInnen vertreten ist.
Vor zwei Jahren lernte ich Victoria Hudson persönlich kennen. Nicht irgendwo zwischen Tür und Angel, sondern bei der Neapel-Universiade im Stadio San Paolo, inzwischen Maradona-Arena. Victoria hatte sich locker fürs Speerwurf-Finale qualifiziert, war aber dann nicht über 56,40m hinausgekommen und von sich selbst enttäuscht gewesen. Hudson, who? Ja, viele Nicht-Insider werden sich fragen, ob das eventuell wieder einmal eine eingebürgerte oder eingekaufte Speer-Spitze des LA-Verbandes ist. Mitnichten! Victoria hat zwar einen englischen Vater, aber eine österreichische Mama – und sie ist in Hainburg an der Donau aufgewachsen, also ein rotweißrotes Eigengewächs, das zudem von einer Österreicherin, Elisabeth Eberl (Olympiateilnehmerin 2012 in London), trainiert wird.
Bisher waren 60m für Hudson immer wieder der Knackpunkt, wie gut sie drauf ist. Vor zwei Jahren hatte sie schon an dieser Traumgrenze für heimische Begriffe gekratzt, sie im Vorjahr um genau einen Meter überboten, ohne Konstanz in ihre Karriere zu bringen – auch eines chronischen Ellbogenleidens wegen, das sie im Winter operativ beheben ließ. Kaum war die Reha vorbei, kaum waren die Schmerzen weg, schon warf Hudson schon im Training technisch immer besser und damit auch weiter. Das, so meinte sie in der Euphorie ihres sensationellen Rekordwurfes, wäre die Basis gewesen für die Leistungsexplosion. Die ist ihr spektakulär geglückt – jetzt aber geht´s darum, aus der Ausnahme-Performance die Regel zu machen. Eine Schwalbe, so sagt man, macht nämlich noch keinen Sommer. Genau der soll das Fräulein Victoria beim Highlight Tokio und Olympia von der schönsten Sonnenseite zeigen. Ja, das wär´ was, könnt´ sie auf den Spuren einer Eva Janko wandeln, die mit Olympiabronze ´68 in Mexiko City in die Annalen einging….