Corona oder hochtrabender: Covid 19 könnten´s möglich machen, nämlich den ersten Grand-Slam-Boykott im Tennis seit Wimbledon anno 1973 (Sieger Jan Kodes, CSSR), als 12 der 16 weltbesten Spieler aus ATP-Solidarität zum gesperrten Nikola Pilic auf ein Antreten auf dem für sie dadurch entweihten heiligen Rasen verzichtet hatten. Diesmal hingegen ist´s eine Trotzreaktion einiger Topstars, einen Bogen um die US-Open in Flushing Meadows zu machen – nicht nur wegen der eingeengten Bewegungsfreiheit vor und während des ansonsten ausverkauften Turniers ohne Publikum, sondern auch der drohenden Quarantäne bei der Rückkehr nach Europa zu den French Open halber. Während Nadal und Federer, aber auch andere, kleinere Größeren aus Angst vor Ansteckung schon abgesagt haben, wollen Novak Djokovic, die Nr. 1 der Welt, und unser aller „Dominator“ Thiem, derzeit die aktuelle Nr. 3, den schikanösen Vorsichtsmaßnahmen zum Trotz beim erst zweiten statt vierten Grand Slam des Jahres aufschlagen.
Noch weiß man nicht, ob das Major-Turnier wirklich stattfindet oder doch noch ein Corona-Opfer wird wie so viele der für heuer geplanten Topsport-Events. Wenn es aber tatsächlich über die spektakuläre, diesmal leider leere Tennisbühne gehen sollte, dann ist eines jedenfalls so fix wie bei früheren Olympia-WM- und anderen Boykotts: Wer immer dort auch triumphiert – und zu hoffen, dass Thiem zum ganz großen Schlag ausholt – , er wird wie so viele Olympiasieger, Weltmeister, Medaillengewinner in die sportlichen Geschichtsbücher eingehen. Annalen kümmern sich nur um Resultate, also nackte Zahlen und Daten ohne weitere Fakten. Wer auch immer die US-Open gewinnt, er wird sein Leben lang ein Grand-Slam-Sieger bleiben – ganz so wie die Gold-Sissy Theurer von Moskau, die anno 1980 als Europameisterin 79 und einzige aus dem Kreis der vom Westen dominierten Reiter-Stars (Springreiten und Dressur) den Boykott der Spiele durchbrochen und konkurrenzlos gewonnen hatte. Was damals auch kritisch thematisiert wurde, das juckt heutzutage keinen mehr.
40 Jahre danach ließ sich Sissy, inzwischen ÖOC-Vizepräsidentin, von weiteren Olympioniken und Granden des heimischen Sports bei einem Fest im Familienbesitz Schloss Kammer hochleben. Und nur ganz wenige erinnern sich daran, dass ein gewisser Hugo Simon zwei Wochen nach dem Sissy-Olympiasieg bei den Reiter-Gegenspielen 1980 in Rotterdam auf Gladstone zu so etwas wie einem echten und doch nur historisch wertlosen Ersatz-Gold (auf Gladstone) galoppiert war – und auch Zugpferd für die rot-weiß-rote Equipe wurde, die (mit einem gewissen Thomas Frühmann) Bronze gewann. Im Lauf der Zeit wächst die Vergänglichkeit. Und die Zeit hat auch längst Wunden, ob so oder so, geheilt. Unterm Strich bewahrheitet sich der legendäre Spruch des legendären deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer, der einmal gesagt hat: „Meine Herren, was schert mich mein Geschwätz von gestern!“ Warum sollte es im Sport anders als in der Politik sein, net wahr?