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Auböck-Solo und Staffel-Triumph: Trotz Goldrausch aber heißt´s nüchtern bleiben

Welch ein Schwimmfinale furioso bei den Europameisterschaften in Belgrad. Eine Goldmedaille jagte die nächste im Freiluftbecken. Erst stempelte der beste und schnellste Felix Auböck, den es je gab, in einem atemberaubenden Rekord-Solo de Konkurrenz zu Statisten, als er sich drei Jahre nach Kurzbahn-WM-Gold erstmals  zum Europameister über 400m Kraul in 3:43,24 Minuten krönte. Aber kaum war der erste Jubelsturm verebbt, folgte der nächste in einem atemberaubenden Staffelrennen über 4x100m Lagen auf Händen und Füßen. Fantastisch, wie einer nach dem anderen, erst Reitshammer, dann Bayer, dann der schon veredelte Bucher und schließlich Krauler Gigler alles hineinwarfen, was in ihnen steckte – und nach Bronze vor zwei Jahren um den Wimpernschlag von drei Hundertstel die erste, historische Staffel-Goldmedaille zu gewinnen. Die Zeit war dabei nur Nebensache, wichtig war  der Sieg, der einer Sensation gleichkam. Vor allem die Gegner hätten nie und nimmer damit gerechnet.

Zieht man die Belgrad-EM-Bilanz, dann gehört Österreich auf einmal zu den Großmächten des Schwimm- und (Synchron)-Sprungsports. Fünfmal Gold, dazu noch Silber, Schwimmerherz, was willst du mehr, damit hätten nicht einmal die kühnsten Optimisten gerechnet. und dabei war mit dem US-Studenten Espernberger ein weiterer serlöser Medaillenanwärter (200m Schmetterling) gar nicht dabei. Ich hab´ die Fragen vieler Freunde und sogar mancher Kollegen im Ohr, die ob der bombastischen Erfolge nur so  staunen. „Warum sind die Schwimmer auf einmal so gut und so erfolgreich?“

Da ich mir die Zunge nicht verbrennen will, werde ich versuchen, so diplomatisch wie möglich zu antworten. Und wie geht das? Indem ich zuallererst einmal behaupte, dass man auch dann erst  gewinnen muss, wenn man mehr oder weniger freie Bahn hat. Und das haben alle Golden Boys und die doppelt vergoldete Synchron-Nixe als Topfavoritin auch mit bewundernswerter Selbstverständlichkeit getan. Da muss man den Hut ziehen, gar keine Frage. Aber außer Diskussion steht ja auch die unleugbare Tatsache, dass im Final Countdown zu Olympia in Paris viele Topnationen entweder gar nicht in Belgrad dabei waren, weil sie ihre internen Ausscheidungen, Meisterschaften oder Trainingslager hatten, Wie die Franzosen, die Holländer, die Italiener, die Spanier, die besten Briten, Schweden und auch Deutschen, ganz abgesehen von den suspendierten (Weiß) Russen. Das sind Fakten, das hat nichts mit Negativismus zu tun. Trotz Goldrausch heißt´s nüchtern bleiben. Die Spitze ist schmal und scharf wie ein Bleistift, der so oft gespitzt wurde, das er schon sehr kurz geworden ist. In der Goldstaffel gibt’s wohl noch länger keine konkurrenzfähig Alternative zu Rücken-, schmetterling- und vor allem zum Kraulwunder Gigler. Und wenn es warum immer bei Auböck kriselt, tut sich ein knapp 10-Sekundenloch auf. Andersrum: Er jagt sein eigenes Vorbild.ä, da keöa kein heimischercGegner in Sichtweite.

Ich bin mir sicher, dass das keiner besser weiß als Felix selbst, der vor ein paar Wochen körperlich wie mental k. o. schien nach US-Trainingslagern, bei denen er offenbar über die Grenzen eines seit 10 Jahren international geforderten Athleten gegangen war. Es spricht für ihn, seine Erfahrung und seine Konsequenz, dass er gerade noch rechtzeitig die Reißleine gezogen hat, um sich wie schon einmal 2020 unter dem ungarischen Erfolgscoach Fehervari auch technisch neu zu orientieren und zu motivieren. Und wie ihm das gelungen  ist im wahrsten und doppelten Sinn in Rekordzeit, das ist verblüffend. 

Drei Jahre nach Tokio 2021 ist er so schnell wie noch nie – und wenn der Eindruck nicht täuscht, dann sollte es nach Feinabstimmung noch ein bisserl schneller gehen. Europa-Gold hin oder her, bei Olympia gehen die Uhren noch ein wenig schneller mit dem Ex-Kollegen Wiffen, mit dem Deutschen Maertens, mit dem Ukrainer Romanchuk, mit dem weltbesten Australier und vielleicht auch Italienern, US-Boys oder Brasilianer. Seit heute aber kann sich Auböck dessen sicher sein, dass der richtige Weg zum gewünschten Ziel führen kann – der Endstation Sehnsucht, die Olympiamedaille heißt. 

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