Eishockey

Aufholjagd gegen Kanada: David lässt arroganten Goliath stolpern

Ich habe zwar aus alten, nicht immer guten Eishockeyzeiten am Heumarkt und später in der WIG- respektive Donauparkhalle noch immer einige gute alte Freunde, bin jedoch alles andere denn ein Insider der Szene. Aber selbst Experten, das werden diese gewiss eingestehen, hätten im WM-Gruppenspiel gegen den Rekordweltmeister Kanada beim Stande von 1:6 nach zwei Dritteln keinen Pfifferling mehr auf die rotweißroten Cracks gesetzt, sondern eher ein noch schlimmeres Debakel befürchtet. Aber dann kam der klassische Spruch zu seinem Recht, der da heißt: Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt.

Ja, ehrlich gesagt, wer hätte je gedacht, dass das langjährige Paternoster-Team binnen zwanzig historischen Minuten dem Mutterland des Eishockeysports mit lauter NHL-Stars eine Lektion erteilen und mit fünf Toren am Stück eine Verlängerung erzwingen würden, ehe es mit 6:7 verlor, aber einen womöglich wichtigen Punkt im Abstiegskampf eroberte. Einen, der davor im Duell mit den (N)Eidgenossen am Ende durch die Finger gerutscht oder durch die Lappen gegangen war…

Ja, wer hätte je gedacht, dass eine solche Aufholjagd gegen Weltmeister möglich ist? Wer so etwas gesagt hätte, bevor es tatsächlich in einem WM-Spiel und nicht in mitleidvoller Freundschaft passierte, wäre ausgelacht worden. Aber weil es wie noch dazu bei einem WM-Spiel doch dazu kam, das zeigt übers Eishockey hinaus, wie sehr sich der Sport in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt, weltweit verbreitet und damit auch in der Dichte an der Spitze enorm verbreitert hat.

Natürlich gewinnen in der Regel immer noch und immer wieder die Besten der Besten, egal in welchem Sport, ob Eishockey, ob Tennis, ob Tischtennis, ob Fußball und andere Ballsportarten, ob Ski, Kunst- und Schnelllaufen, aber die Dichte ist mittlerweile so dicht und breit geworden, dass die Außenseiter: innen an sehr guten eigenen Tagen einen etwas schlechteren der Topstars nützen, um sie vom hohen Ross zu holen wie etwa einen Djokovic und viele andere mehr in ihren Domänen. Das alles ist möglich geworden, weil viel mehr Länder als früher unter viel besseren Trainern und Trainingsbedingungen arbeiten, von den Stärken der Stars ebenso lernen wie aus ihren eigenen Fehlern, kurzum: manch Große und sogar Größen nicht immer, aber immer öfter mit deren Waffen zu schlagen beginnen.

Wär´s anders, hätte es nicht einen griechischen Vizeweltmeister oder britischen Kitz-Sieger im Slalom, Weltmeister: innen und Weltcupsieger: Innen aus Australien oder Neuseeland gegeben (A. J. Ginnis, Ryding, Stegall, Robinson usw). Nicht österreichische Kufenflitzer: innen (Hunyady, Hadschieff, Herzog), Grand-Slam-Siege im Tennis und WM-Titel im Tischtennis (Muster, Thiem, Schlager) oder wie zuletzt sogar Kunstturner: Innen, die Medaillen und Weltcupsiege erringen konnten wie Höck oder Mörz, alles Topleistungen, die a priori für so utopisch gehalten wurden wie jetzt die sensationelle Aufholjagd der Eishockeycracks, die als vermeintliche Prügelknaben ein Drittel lang kanadische Riesen verprügelten, die sich in ihrer Arroganz von oben herab der Siegessache zu sicher schienen.

Hochmut, so heißt es, kommt vor dem Fall. Darum sei das Eishockeyteam daran erinnert, dass uns weder Norwegen noch Großbritannien im Kampf gegen den Abstieg auch nur einen Meter, geschweige denn das eine oder andere Tor schenken würden. Punkt hin oder her gegen die Ahornblätter – gegen unsere Kragenweiten geht´s um Sein oder Nichtsein. Zumindest in der A-Gruppe des Eishockey. Und da müssen wir dann zeigen, wer der Herr im Hause ist, der jubeln darf. Ansonsten zählt die sensationelle Aufholjagd gegen Kanada, so toll sie war, frei nach einem anderen geflügelten Wort, nur Elfe… 

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