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Blick zurück auf Ski-Ikone, Frauen-Schwarm und Film-Helden Toni Sailer, der heute 90 wäre

Die jungen Semester kennen ihn nur noch vom Hörensagen, aus alten Filmen, neuen Dokus und allerlei auch schlüpfrigen G´schichterln, die man ihm nachsagt. Heute wäre Toni Sailer, 2009 allzu früh verstorbener, erster Skirennläufer, der bei Olympia 1956 in Cortina als 21jähriger schwarzer Blitz aus Kitz alles gewann, was man damals gewinnen  konnte, nämlich Gold im Riesenslalom mit sechs Sekunden (!) Vorsprung auf Molterer, im Slalom vor Chiharu Igaya aus Japan, und in der Abfahrt vor Fellay (Sz) und Molterer, als weißer Blitz aus Kitz mehr Skifreund als Pistenfeind, neuzig Jahre geworden. Wie seine Schulkollegen Hias Leitner, Klaus von Rohrer, Horst Ebersberg und auch der zuagraste Südtiroler Franz Prader, Schneider himmlischer Hosen. Dass sein legitimer Nachfolger aus St. Anton, der drei Jahre jüngere Karl Schranz, einen Tag später, also 18. November, seinen 87er feiert, ist wohl eine spezielle Ironie des Schicksals.

Toni Sailer war durch und nach Cortina die erste Ikone des Skirennsports, die zwei Jahre später bei der Heim-WM in Badgastein den olympischen Hattrick fast wiederholt hätte, wäre da nicht Teamkollege Josl Rieder aus Lermoos als Slalomsieger dem Kitz-Pistenhero in die Quere gekommen. Dass der noch jugendliche Schranz damals als Vorläufer angeblich am schnellsten gewesen wäre, ist eine weitere schicksalhafte Querverbindung zwischen dem dreifachen Olympiasieger und dem olympischen Märtyrer, der 1968 für eine Stunde schon Slalomgold in Grenoble bejubnelt hatte, ehe man sie ihm durch eine nebulose Disqualifikation wieder wegnahm, um damit den Franzosen Jean Claude Killy daheim zum zweiten Triple-Olympioniken zu machen. Jenen Killy, der in Kitzbühel einst väterliche Spuren hinterlassen hat. Nichts Genaues weiß man aber nicht …

Dafür sollten junge Skifreunde und auch jüngere Kollegen der Branche wissen, dass Toni Sailer in Zeiten, da das Fernsehen noch in Kinderschuhen und nur Schwarzweiß zu verfolgen war, zum einen als fescher Frauenschwam das Ebenbild des idealen Schwiegersohns darstellte, zum anderen vom Filmbusiness und der Schlager-Industrie entdeckt wurde, die seine Goldenen zu Geld machten. Nicht zuletzt deshalb, weil er durch die freundschaftliche Rivalität mit Igaya mehr als nur ein Skiheld in Japan war, eher eine Ikone, die man als Sailer-San wie einen Halbgott im Land der Söhne Nippons anhimmelte. Der Song: Am Fujiama blüht kein Edelweiß wurde zum Hit.

Wie viele seiner Filme, die es zu Kassenschlagern schafften. Mit Titeln, die ihn und sein Lebenswerk spiegelten. Wie Schwarzer Blitz oder ein Stern fiel vom Himmel. Pisten, Podeste, Klappen und Bretter, die die Theaterwelt bedeuten – Sailer, der die Schauspielschule in Berlin besucht hatte, stand auch als „Tod eines Handlungsreisenden“ auf der Bühne seinen Mann. Ein Tausendsassa und Weltstar, der 1999, zehn Jahre vor seinem Tod, als Jahrhundert-Skiläufer beim World Sports Award of the Century in der Wiener Staatsoper ausgzeichnet wurde…

… damals noch in Begleitung seiner schon todkranken ersten Ehefrau Gaby, mit der er den Sohn Florian hatte. Über die zweite Ehefrau Hedy, die aus Kitz verbannt wurde, breiten wir besser den Mantel des Schweigens. Und wollen uns auch nicht länger mit seinem jüngeren Bruder Rudi aufhalten – als Rennläufer kaum die halbe Portion, dafür aber als Chef i. R. der legendären Kitz-Skischule Rote Teufel seinerzeit sogar Tonis Boss, der nur die Kinderskischule führte. Toni hat mir noch einen Skilehrer für meine Frau Judit organisiert, den Heini, der der Wienerin aus Ungarn zeigte, wie man vom Pflug zum Schwung kommt.

Unter Toni, dem langjährigen KSC-Präsidenten, und ÖSV-Alpindirektor (1972 – 1976) gab es in der Post-Schranz-Ära dann den Aufstieg von Abfahrtskaiser Franz Klammer, aber auch die leidige Affäre von Zakopane, die die unselige Frau Nicola Werdenigg, vormals Spieß, Tochter des damaligen Damen-Rennsportchefs (dem sie die Vergewaltigungsvorwürfe eines anderen Trainers nie anvertraut hatte), mit der Me-Too-Welle wieder aufwärmte. Der mittlerweile verstorbene Downhill-Charly Kahr hatte sich zu Lebzeiten (mit Annemarie Moser-Pröll) dagegen zur Wehr gesetzt, der tote Tonai konnte nicht mehr verhindern, dass sein Name noch einmal beschmutzt und eine der größten Sporthelden Österreichs vor allem für die junge Generation, die ihn gar nicht kennenlernen durfte, negativ besetzt wurde.

Die Zakopane-Geschichte rund um eine Prostituierte wurde seinerzeit vom KP-Regime unter Gomulka auch dazu benützt, um daraus sowohl ideologisches wie finanzielles Kapital zu schlagen. Sogar Kanzler Kreisky musste sich einschalten, um Sailer eine Haft in Zakopane zu ersparen, Kleingeld inbegriffen, das die Republik berappte. Und der in Böhmen aufgewachene Dipl-Ing. Kurt Matz, der slawischen Sprachen mächtig, wurde als Taxidriver beauftragt, den Sailer Toni aus Polen so schnell wie möglich in Sicherheit zu bringen und heimzuholen. 

Später wuchs Gras drüber oder begrub Schnee die politisch gelöste Affäre, ehe sie ein halbes Jahrhundert danach wieder ausgegraben wurde. Auch aus ganz anderen, wieder politischen Gründen. Zu Sailers Glück, so kann man sagen, hat er es nicht erleben müssen. Höchste Zeit, ihm nach dem Rennfahrer-Denkmal zum 80er zum 90er einen Toni-Sailer-Platz in der Gamsstadt zu widmen. Einem auch der Hymne nach größten (nicht nur Ski-) Söhne des Landes die Ehren zu erweisen, die ihm gebühren.   

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