Ich möchte mich heute, werte Blog-Leser, mit einem Trend der Zeit beschäftigen, der vor allem über die Fernseh-Übertragungen, die Experten-Diskussionen und Zahlenakrobaten einen unaufhaltsamen Einzug und Aufstieg genommen hat. Wir und damit meine ich wir Österreicher, die von den Deutschen die von US-Amerikanern exportierte Statistiksucht übernommen haben, scheinen uns in Anwandlung von Mea Culpa darin zu üben, die Zuseher/Zuhörer mit einem Wust an Vergleichszahlen immer mehr zu bombardieren, wenn´s noch erlaubt ist, das zu sagen. Diese Zahlenakrobatik, die vor allem der NBA (Basketball), NFL (American Football) und NHL (Eishockey) entlehnt ist, mag ja für diese genannten Sportarten spezielle Aussagekraft besitzen, schon weniger beim Tennis und beim Fußball schaut´s dann oft so aus, dass die statistischen Verlierer als klare Sieger die Oberhand behalten haben. Milchmädchenrechnungen gehen im sportlichen Vergleich halt nicht immer auf …
Hätte es eines Beweises bedurft, dann haben ihn die beiden Dienstag-Rückspiele im Champions-League-Viertelfinale an der Stamford-Bridge in London und im Maradona-San-Paulo-Stadion von Neapel geliefert. Ob Chelsea gegen die abgebrühten Real-Madrid-Stars des erst recht abgebrühten Trainerfuchses Ancelotti, ob der überlegene italienische Spitzenreiter SSC Napoli gegen den mit Routiniers gespickten, in der Tabelle aber abgeschlagenen AC Milan mit dem ewig jungen „Giraffen“ Giroud – den Dunkel- wie den Hellblauen nützte der dominante Ballbesitz nichts. Ob Chelsea, ob Napoli, beide rannten in eine Mauer, die unüberwindbar zu sein schien.
Ein Königreich für einen Torjäger, so lautete der verzweifelte, ungehörte Notruf. Bei Chelsea ging der Schuss gleich zweimal nach hinten los, bei Napoli kulminierte der Sturmlauf ohne Abschluss schließlich in einem verschossenen Elfer vor der Schlussphase, der vielleicht doch noch eine Wende hin zu einer Verlängerung hätte bedeuten können. Und eben darum, weil selbst diese Chance ungenützt blieb, so bleibt auch die Frage, wie das italienische Duell womöglich ausgegangen wäre, hätte es bei 0:0 einen (trotz VAR-Studium zu Unrecht verweigerten) Elfer für Napoli gegeben, eine fiktive Dolchstoßlegende. Also nichts als Makulatur wie die vielen Zahlenspielereien, bei denen es allzu viele Rechenfehler gibt. Pass und Pass ist eben nie das Gleiche. Effizienz trägt kein Zahlen-Mascherl.
Und wenn wir schon bei Zahlen und Ziffern sind, so ist ja interessant, dass etwa jene beiden Topklubs, die schon jetzt mit großem Vorsprung so gut wie Meister ihres Landes sind, also Napoli und Barcelona, jetzt oder schon vorher Abschied aus der Königsklasse haben nehmen müssen. Je stärker die Ligen, je härter die Spiele auch gegen Mittelständler, desto geringer die Chance, auf zwei, drei oder gar vier Hochzeiten (wie in England mit FA-Cup, League Cup) erfolgreich zu tanzen. Also geht´s darum, Prioritäten zu setzen und Präferenzen zu wählen.
Und da ist Real-Madrid nicht erst seit einem (leider wieder angeschlagenen) David Alaba und einem Carlos Ancelotti, sondern seit Jahren der Champion unter Champions – als „Weißes Ballett“, das mit eingespielten Kalibern wie Modric, Kroos, Benzema und Co. immer dort die Highlights liefert, wo es am wichtigsten ist. Das wieder ist eine der Statistiken, die die Realität spiegeln. Auch dazu muss man einem Alaba gratulieren, der seit fast eineinhalb Jahrzehnten zur erichtigen Zeit am richtigen Platz ist/spielt…