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Dem Tschechen sei Dank, dass Kästle mit einer Kästle den 100er feiern konnte

Hätte mir mein alter Freund Kurt Matz, als Kneissl-Mädchen für alles einst ein Konkurrent, nicht die stille WhatsApp-Post geschickt, dann wäre das 100-Jahr-Jubiläum der einst so renommierten, inzwischen revitalisierten Ski-Firma Kästle an mir vorübergegangen. Gefeiert wurden am Fabriksgelände  ein Jahrhundert und dazu das Comeback nicht nur auf dem Markt, sondern auch im Rennzirkus, in dem sich der Jubilar an der Spitze vorderhand auf Frauen konzentriert. Und wenn von Damen die Rede ist, dann muss unbedingt Gerlinde Kästle genannt werden, die in ihrer kleinen, immer noch attraktiven Größe den Namen des Firmengründers hochhält.

Gerlinde also war nicht nur (a)dabei, sondern mittendrin beim Feiern, aber auch mit Erinnerungen an die Zeit, als ihr Mann Anton Kästle bis spät in der Nacht am Schreibtisch das schönste Design und das griffigste Logo als Visionär in digitalen Steinzeiten zu finden suchte. Damals, als aus ehemaligen Wagnermeistern und Skibastlern dann die Fabrikanten und je nach Gemüt und Gen auch Patriarchen schlüpften. Es waren andere Zeiten, in denen auch andere Sitten, aber auch Regeln herrschten. Nur so war´s möglich, dass Kästle am Triple-Olympiasieg von Toni Sailer in Cortina 1956 partizipieren konnte, weil der Kneissl-Pilot aus Kitzbühel für den Slalom auf das Vorarlberger Produkt wechseln durfte – und mit großem Vorsprung auf den Japaner Igaya gewinnen konnte. Ein Gold, das auch Geldes wert war, Damals und über einen längeren Zeitraum, ehe die Zeit begann, als die Großen die Kleinen zu schlucken begannen. Und sich Fischer, sprich: Kommerzialrat Pepi Fischer, den Familienbetrieb Kästle einverleibte. Ursprüngliches Motto: Gemeinsame Entwicklung, halbe Auslagen. Zu den Erfindungen, die erst belächelt wurden, dann aber den Siegeszug um die Welt antraten, gehörte der Loch-Ski. kurzum ein  Nichts, das Zeitungsspalten und Sendezeiten füllte.

Wer Kästle sagt, der dent nicht nur ans Loch, sondern auch an die ganz großen Stars, die Skigeschichte mit, auf und für die Firma geschrieben und Meilensteine gesetzt haben. Andreas Wenzel, Hannis Bruder und Weirathers Schwager, wurde erster Kästle-Weltcupsieger:. Und Pirmin Zurbriggen das Nonplusultra des alpinen Skirennlaufs ab Mitte der 80er-Jahre. Der Preis für den Erfolg war hoch. Kästle wurde in den 90er-Jahren an Benetton verkauft. Dann verschwand der Name aus dem Ski-Geschehen, bis die Marke – was man vor Jahrzehnten für einen schlechten Scherz gehalten hätte, jetzt aber ein Segen war – von einem tschechischen Millionär mit seinem Konzern gekauft wurde. Mit einem Schlage bekannt wurde Kästle-Käufer Nemec, als er den damaligen Kometen Katharina Liensberger schon geködert hatte, ehe der Transfer an Schröcksnadel und Ski-Pool scheiterte.

Aber Kästle war wieder im Gespräch, wieder ein Thema, mit dem sich vor allem Stars beschäftigten, die neue Motivation mit neuen Geräten suchten. Und so reihten sich in die Kästle-Gilde in wenigen Jahren der Reihe nach Golden Girls wie Ester Ledecka, Ilka Stuhec, die rekonvaleszente Sensationsweltmeisterin Jasmine Flury aus der Schweiz und als erstes ÖSV-Promi-Gesicht statt Liensberger die Jung-Mama Tamara Tippler ein, die auf dem Ski mit virtuellem Loch einen neuen Anlauf zum neuen Frühling im kommenden WM-Winter nimmt.

Kurzum, eine 100-jährige Firma feierte fröhliche Urstände mit einer Reihe an Persönlichkeiten, die mit ihrem Gesicht auch Kästle ein Gesicht verliehen. Wie die Olympiasieger Sigrid Wolf und Hubert Strolz, wie die Zimmermann-Schwestern Edith und Heidi sie , beide übrigens auch versilbert, wie Pamela Behr und andere Kapazunder mehr. Und wie Gerlinde Kästle, die Firmenturbulenzen wie private, mütterliche Tragödien überlebt hat. Und heutzutage noch als Model für ältere Damen ihre Frau steht. Wie ein menschliches Spiegelbild der Firma ihres Namen. Ironie am Rande, dass Nemec auf Deutsch sinnigerweise Deutsch heißt…

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