Es war, um das vornehm auszudrücken, nicht das Wochenende unserer ge- bis verhätschelten Alpinen mit zwei vierten Plätzen in Kitzbühel und einem Doppeleinser, also einem Elften, in Jasna. Nicht nur die rotweißroten Adler oder ein 44jähriger Brett-Evergreen haben den Nicht-mehr-ganz-so-atemberaubenden Pistenartisten die Show gestohlen.
Nein, nein, es waren unsere bis vor kurzem unterschätzten, aber zum Teil in Auslandsligen gestählten Handballer, die in der EM-Hauptrunde den Deutschen vor mehr als 20.000 verblüfften oder entgeisterten Fans die Hölle heiß gemacht und bis zur letzten Minute sensationell geführt hatten. Wer so etwas vor einer Heim-Euro einer der größten Handballmächte mit der stärksten Liga der Welt angedeutet oder gar prophezeit hätte, der wäre als unverbesserlicher Zweckoptimist verspottet worden.
Post festum müssen die favorisierten, fast blamierten Deutschen froh sein, dass ihnen dank des 22:22ganz schön viel Spott und mediale Häme doch noch erspart geblieben sind. Unsere neuesten Sporthelden hingegen ärgerten sich trotz Lobeshymnen von eigenen Legenden wie von internationalen Ikonen, dass sie im Finish einen Drei-Tore-Vorsprung mit etwas zu gewagten Würfen aus der Hand gegeben hatten oder an den Fingern und Zehenspitzen eines (für sie bösen, die Deutschen aber rettenden) Wolffs im DHB-Tor gescheitert waren. Wie auch immer – am Ende schwang im Stolz auch der Ärger mit, statt zwei Punkten zu gewinnen einen verloren zu haben.
Was aber war die Ursache, dass aus der ganz großen nur noch eine halbe Sensation wurde? Beschlich die davor so kaltschnäuzigen Ösis am Ende womöglich die berüchtigte Angst vorm Gewinnen? War´s auch der enorme Kraftaufwand, der schlussendlich just im Finish auch die (Wurf)-Konzentration geraubt hatte? Oder doch ein Schuss an Zorn, dass die beiden Referees halt unter dem Druck des Publikums die eine oder andere zumindest umstrittene Entscheidung fällten, wie es auch der in Kiel vom Top-Torjäger zum Geschäftsführer aufgestiegene Viktor Szilagyi samt Ex-Berlin-Fuchs und letzten UWW-Meistermacher Conny Wilczynski im ORF angedeutet hat?
Wie man´s dreht und wendet, so handelt es sich um Jammern auf aller höchstem Niveau, ganz so, als würde man in einer Abfahrt eine Hundertstelsekunde mit der Stecknadel suchen. Rotweißrot ist inzwischen als eines von nur drei unbesiegten Teams (3 Siege, 2 Remis) als Riesentöter und Favoritenschreck die größte Sensation und das aktuellste Gesprächsthema, die Männer der Matches inklusive. Womit wir bei jenem Teufelskerl sind, der das österreichische Tor buchstäblich besser als jeder andere hütet mit einem Prozentsatz an abgewehrten Bällen, dass sogar der deutsche Hexer Wolff dagegen auf Normalmaß schrumpfte.
Und wenn wir von diesem Constantin Mörtl reden, dann werden auch Erinnerungen an seinen Vater Werner Möstl wach, der damals sowohl im Team als auch bei UWW so gut den Mann stand, dass er mit dem Klub sensationell das Meistercup-Viertelfinale gegen den dann übermächtigen FC Barcelona ermöglichte. Der Apfel ist nicht weit vom Stamm gefallen. Und ein Kreis hat sich geschlossen. Ewig schade, dass der unglaublich engagierte Altinternationale Harry Dittert das und die Euro-Sensationen am Fließband nicht mehr erleben durfte.
Auch er wäre so hin- und hergerissen von den österreichischen Handballern, die selbst als Topstars a la Bilyk oder Weber gemessen an Alaba, Arnie und Co nur einen Bruchteil bis Bettel verdienen. Den Kickern aber mit ihrer Leidenschaft, ihrem Teamwork, ihrer Taktik und ihrem Widerstandsgeist gezeigt haben, wie der Wind weht und wohin er führt. Auch David hat Goliath ein Bein gestellt.