Die Eröffnung samt Eröffnungsspiel der Fußball-Euro 2024 in München ist inzwischen schon Geschichte mit einer ersten deutschen Erfolgsgeschichte, die die deutschen Fans zu Jubelstürmen hinriss. Anders als in den EM- und WM-Turnieren seit acht Jahren und auch seit einigen Testspielen lief der Ball bei den Gastgebern im Duell mit Schottland wie am Schnürchen, ganz so, als hätte es weder eine Bayern- noch eine Nationalmannschafts-Krise gegeben.
Das hatte natürlich nicht nur damit zu tun, dass die von den Real- und Barcelona-Granden Toni Kroos und Gündogan hervorragend geleiteten Jungstars Wirtz, Musiala und der immer noch junge Kai Havertz nicht nur als die ersten drei Torschützen auftrumpften – es lag ganz sicher auch an einer schottischen Truppe, die offenbar vom Anpfiff weg Angst vor der eigenen Courage hatte, dafür aber in dem Metier, in dem sie normalerweise daheim und auch gefürchtet ist, die Rücksichtslosigkeit des fast schon verzweifelten Einsteigens mit einem Elfer, einem Ausschluss und dem 0:3 noch vor der Pause bezahlte. Der Rest ist besser Schweigen.
Natürlich muss man eklatante Schwächen eines Gegners mit mangelhafter Qualität auch so ausnützen, wie es die entfesselten Deutschen bei ihrer ersten Heim-EM seit 36 Jahren in München taten – in der gleichen Stadt, aber in einem anderen Stadion als dem olympischen beim legendären WM-Triumph 1974, an den die Witwe des vor kurzem verstorbenen Kaisers und damaligen Kapitäns Franz Beckenbauer erinnerte, als sie den EM-Pokal in die Allianz-Arena brachte.
Sieg, Schwung und Selbstsicherheit waren natürlich mehr als überzeugend, für die deutschen Fans auch mitreißend, zurückbleibt aber auch und vor allem nach dem Gegentor der Schotten aus dem Nichts die Frage: Kann man Präsentation und Erfolg so hoch einschätzen, wie es die nackten Zahlen sagen und ganz sicher patriotisch gefärbte Schlagzeilen ihren Konsumenten verkünden? Oder ist bei allem Jubel über den höchsten EM-Sieg der Deutschen auch ein Schuss an Vorsicht angebracht, um auf die Euphorie-Bremse zu steigen?
Ob die oft unterschätzten Ungarn, ob die manchmal auch überschätzten Schweizer, die beiden anderen Gruppengegner sind zumindest auf dem Papier andere Kaliber als diese Schotten als Schatten ihrer selbst, die harmlosen Papiertigern glichen. Vorerst ist das 5:1-Schützenfest erst ein Vorschuss auf ein zweites deutsches Sommermärchen a la W. 2006. Er macht jedenfalls Lust auf mehr…