LIVE MIT JOE METZGER

Djokovic oder: Erfolgreichster Star und trotzdem eines der größten Feindbilder

Da ich ja sowieso als allzu kritischer Geist verschrien bin, lehne ich mich schon a priori aus dem Fenster, um einem der größten, zugleich aber auch unbeliebtesten Sportler aller Zeiten meine Referenz zu erweisen. Sie wissen natürlich, um wen es sich dabei handelt, weil er sich ja zuletzt wieder einmal mit einem Publikum angelegt hat, das nicht sein großes Allround–Können, seine unfassbare Willensstärke oder beispiellose Widerstandskraft bewundert, sondern zum größten Teil darauf wartet, dass er so eine auf den Deckel kriegt wie im hrutigen Finsle vom Jung-Superstar Carlos Alcaraz! Wär´s anders, hätte der 24fache Grand-Slam-Sieger, die längst dienende Nummer 1 der Tenniswelt nach dem Achtelfinalsieg gegen den Dänen Holger Rune nicht zum  Mikrofon gegriffen, um den 16.000 auf der Center-Court-Tribüne, Royal Box inklusive, seine Meinung ins Gesicht zu sagen. Eben jene, dass er sich Respekt vor und für seine Leistungen erwarten würde und nicht Missfallenskundgebungen oder gar Pfiffe. So etwas hat es meiner langjährigen Erfahrungen wegen noch nie in Wimbledon gegeben von einem Topstar, wohl auch deshalb, weil ansonsten der Räson halber mit Floskeln aller Art vor allem Süßholz geraspelt wird.

Wie schwer auch immer die Knieverletzung war, die sich der Djoker in Roland Garros zugezogen hatte, wie groß der operative Eingriff war, dem er sich unterzog – dass ein Sportler nur vier Wochen danach sich bis ins Endspiel des größten Rasenklassikers durchschlägt, muss eigentlich jedem große Bewunderung abringen statt wie allenthalben gehört in Zweifel zu ziehen, dass er überhaupt operiert wurde. Nein, es ist kein Wunder, was der so verbissen wirkende, asketische Kämpfer Djokovic da vollbracht hat, weil es eine prominente Ikone aus einem anderen Sportlager gab, der in noch schnellerer Rekordzeit von horizontaler Lage und auf Krücken zum Gipfel gestürmt war – allerdings nicht zu ebener Erde, sondern im Höllentempo bergab.

Die Rede ist von Pirmin Zurbriggen, der anno 1985 bei seinem Streif-Doppelpack eine Meniskusverletzung erlitt, sich in Basel auf Teufel komm raus operieren ließ und 14 Tage später dann Abfahrtsweltmeister in Bormio wurde. Ja, es gibt Dinge, die es wirklich gab und gibt bei Ausnahmeerscheinungen, die sich eben nicht in eine Norm pressen lassen. Im Gegensatz zum sanft-samtenen Pirmin aus der Matterhorn-Region, der sozusagen in seinem freundlich-verbindlichen Wesen ein sympathischer Allerweltsfreund war, hat sich Djokovic in seinem unbändigen Siegeswillen und seiner unbeugsamen Überzeugung auch gegen den (politischen) Strom zu schwimmen, selbst zu einem (Anti) Star stilisiert, der polarisiert.

Und damit Geister scheidet, meist zu seinem Nachteil, den er aber sportlich oft, aber wie heute halt nicht immer in seinen Vorteil ummünzt. Wär´s anders, hätte er als eines der größten Feindbilder im Sport nicht mehr gewonnen als die meist weit pflegeleichteren, entweder samtigeren Künstler- oder aber dampfenden Torero-Rivalen. Das wollte ich noch gesagt haben, bevor das Endspiel gegen den Publikumsliebling und 16 Jahre jüngeren optischen Gegenpol Alcaraz begonnen hatte mit dem besseren Ende für einen hochtalentierten, noch immer blutjungen 21jährigen Alleskönner. 

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