LIVE MIT JOE METZGER

Elche-Anzugskandal oder: Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht

Man mag mich Kassandra schimpfen, Beckmesser, Negativist oder was es sonst noh alles in dieser Richtung gibt. Bevor wir auf einen möglichen, von den WM-Gastgebern hausgemachten Skandal zu sprechen kommen, ist zu unserem Leidwesen eingetroffen, was ich schon vor diesen Nordischen Weltmeisterschaften in Trondheim befürchtet hatte. Die Seriensieger von den Schanzen müssen froh sein, dass sie dank neuer Bewerb-Formeln drei Medaillen gewonnen haben, eine wahrlich mickrige Ausbeute angesichts der durchaus realistischen Hoffnungen, nein: Erwartungen auf einen Goldrausch wie vor 14 Jahren bei der Oslo-WM. Und sie sind nicht nur Opfer einer Anzugsschummelei der Norweger geworden, sondern auch ihrer Gier.

So müssen wir froh sein und uns bei Jan Hörl bedanken, dass er immer dann, wenn es darauf ankam, die Nerven behalten und die letzte Chance auf eine Medaille auch genützt hat bei einer WM, die nun offenbar mit einem Skandal endet, der uns vorerst Silber statt Bronze beschert. Einer WM aber auch. bei der sich Kraft-Akte ebenso in Grenzen hielten wie sich leider auch der vermeintlich fast unschlagbare Daniel Düsentrieb aus Kärnten nicht nur von Elchen bei seinen Hörnern hat packen lassen (müssen). 

Welch Ironie, dass die goldlosen Österreicher zusammen mit Slowenen und Polen just am Ende dieser desillusionierenden Medaillenkämpfe den aus längerer Statistenrolle zu Himmelstürmen ansetzenden Norwegern jenen Anzugschwindel vorwerfen, dem sie selbst bei und nach der dominanten Tournee ausgesetzt gewesen waren. Anders als ihre damaligen „Ankläger“ konnten sie nicht nur Vorwürfe in verbaler Form machen, sondern auch dank eines polnischen Geheim-Videos, mit dem gegenüber der Plombierung veränderte Anzugschnitte festgehalten wurden. Das  hat ein hoher Norweger-Funktionär sogar halbherzig zugegeben, es aber als Zukunftsmodelle für Holmenkollen  und Raw-Air-Tour deklariert …

Noch weiß man nicht, wie die FIS über die Disqualifikationen von Olympiasieger und Normalschanzensieger Marius Lindvik (2.) und Anders Forfang (5.) hinaus reagiert. Noch gilt – anders als einst bei den auch von heimischen Medien niedergemachten rotweißroten Loipen-Statisten – die Unschuldsvermutung. Wobei ich mich, was WM-Langlauf und Norwegen-Ikone Theres Johaug betrifft, doch sehr gewundert habe, dass in unserem und deutschen Fernsehen, aber auch Zeitungen fast nur über Johaugs tolles Comeback nach Babypause berichtet, aber eher verschwiegen wurde, dass sie in eben dieser Zeit auch wegen eines Dopingvergehens gesperrt war. Eines, das ursprünglich von Norwegens Skiverband als buchstäblicher Lapsus Linguae, sprich: Dopingsubstanz im Lippenbalsam, also quasi lässliche Sünde ungeahndet hätte bleiben sollen.

Wie gesagt, es gilt auch puncto veränderter Sprunganzüge die Unschuldsvermutung, dass es keine böse Absicht war. Aber schon seit den international bejubelten, fast heiliggesprochenen olympischen Lillehammer-Spielen vor gut drei Jahrzehnten hat mich die leise, aber dunkle Vorahnung beschlichen, dass in Elchen nicht nur Unschuldsengel stecken könnten, die ihrer Zeit und der Gegnerschaft immer dann voraus sind, wenn´s ums Eingemachte geht. Und ich hab´ mich auch diesen Winter immer wieder gefragt, warum die Langlauf-Elche bis zur kollektiven, schöpferischen mehrwöchigen Pause von Mitte Jänner bis Anfang Februar ständig solche Loipen-Mannschaftstriumphe mit 8 unter den Top 10 feiern konnten wie unsere Alpinen ein einziges Mal beim historischen  Patscherkofel-Super-G-Triumph (9 unter 10) vor einem Vierteljahrhundert. Ja, wie war und ist das möglich gegen chancenlose Konkurrenz aus Schweden und Finnland, bei der Langlauf ebenso Volkssport ist wie bei uns der Alpinrennlauf, mit Abstrichen auch gegen Italiener, Franzosen, Schweizer, Deutsche. Dass die ausgesperrten Russen fehlen, kann das nicht alles erklären.

Eben darum bin ich gespannt, wie die FIS jetzt auf die nicht nur von den enttäuschten Ösis, die ja einst Butter am Kopf hatten, sondern auch von Slowenen, Polen und deutschen Medien kommt, 8reagiert oder darauf wartet, dass das alles mit Schmelzwasser weggeschwemmt wird. Seit den dubiosen Tennisurteilen, die mit Kuhhandel verbunden waren, muss man ja mit allem rechnen, was nach Adam Riese eigentlich nicht herauskommen dürfte. Da sich die Sport- und Skiwelt samt Regelhütern heutzutage so schnell dreht, dass man kaum mehr mitkommt – oder alles mitkriegt, was dahinter steckt. Irgendwie tröstlich, dass die klassische Geschichte vom Krug, der solange zum Brunnen  geht, bis er zerbricht, irgendwann auch auf auf Sportbühnen gespielt wird.  

Zum Kommentieren hier klicken

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Meist gelesen

To Top

Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen ein angenehmeres Surfen zu ermöglichen