Fussball

Elfer-Dramen, Messi-Jubel, Neymar-Tränen und Holländer, die zum Weinen sind

Zwei Viertelfinal-Duelle, zwei Elfmeter-Dramen! Mit Megastar eins, dem ungekrönten Dribbel- und Purzelbaumkönig Neymar, erlebte man weinende BrasilianerInnen! Rambazamba statt Samba, nicht ausgetanzt, aber abgeprallt bei Modric und kroatischen Konsorten! Zu früh gefreut nach dem 1:0, das die allzu voreilig, allzu hoch gejubelten Brasilianer irrtümlich als halbe Miete betrachteten, für die sie schlussendlich die doppelte Zeche bezahlten. Mag sein, dass da eigener Hochmut und Fehleinschätzung der aufopfernden Kroaten eine fatale Rolle spielten, jedenfalls wurde durch den doch etwas arroganten Verwaltungsmodus der Neymar-Truppe der Leu im WM-Finalisten geweckt, der dann mit dem Rücken zur Wand bewies, dass auch er Pranken besitzt.

Und mit ihnen versetzte er den entgeisterten, entzauberten Basilianern dann die entscheidenden Schläge. Triumph des Kollektivs, dem sich auch ein Topstar wie Modric unterordnete. Alle für einen, einer für alle. Erst bis zum Umfallen, dann bis zum Happy End, dafür den WM-Finalisten 2018 zumindest wieder Semifinale heißt. Ehrlich gesagt, wer hätte das erwartet bei Kroaten, die in der Nation League vor ein paar Monaten noch daheim gegen uns Österreicher 0:3 verloren hatten. Gut möglich, dass wir das so falsch eingeschätzt haben wie jetzt die Brasilianer, die so lange dominierten in diesem Spiel, bis …

Mag sein, dass manche Neymar und ein paar anderen Ballzauberern nachtrauern, dass wieder nichts wird mit dem sechsten WM-Titel, auf den Brasilien jetzt zumindest wieder 24 Jahre warten muss wie schon von 1970 mit Pele und Co bis 1995, als sie im Elferschießen das Glück des Tüchtigen hatten. Von der Optik her, von Ballbesitz und Torschüsse sind die Epigonen der kranken Allzeitgröße Pele natürlich als bessere, vielleicht aber auch als – man verzeihe, wenn ich das so schreibe – auch dümmere Mannschaft ausgeschieden.

Während mit Neymar also einer der immer genannten Millionen-Megastars als heimfliegt, darf der noch größere Superstar weiter davon träumen, das Erbe eines Diego Maradona anzutreten. Natürlich ist´s übertrieben, dass Messi die Holländer im Alleingang eliminiert hat, aber es kommt der Wahrheit ganz nahe, wenn behauptet: Ohne Genieblitze von Messi hätte Argentinien weder 2:0 geführt noch am Ende gegen ausgepumpte Oranjes doch noch über den 4:3-Sieg im Elferschießen und den Einzug ins Semifinale gegen Kroatien mit den wiederbelebten Fans gejubelt.

Gott sei gedankt, dass sich die Argentinier, die schon gewankt und gebibbert hatten, doch noch gerettet haben. Hätten´s die Niederländer geschafft, wär´s für meine Begriffe als objektiver Betrachter eine „Niedertracht“ des Fiu0ballschicksals gewesen. Ja, was ist aus dieser noch vor kurzem auch der Ajax-Talente wegen so hochgehandelten Elftal geworden? Das, was die Oranje da gegen die keineswegs brillanten, in diesem Sinne nur harten Gauchos zeigten, hatte abseits Messi auch mit längst nicht mehr aktuellem Kick-and-Rush der Nachkriegszeiten mit Rammböcken als Mittelstürmern.

Der eingewechselte Brechstangen-Doppelpack-Schütze Weghorst erinnerte mich an Nat Lofthouse oder Tottenham-Tommy Smith, der kurz auch bei Austria gespielt hat. Hätte Ernst Happel in diesem Revival des 1978 in Buenos Aires von Holland gegen Argentinien (1:3 in der Verlängerung, weil Rensenbrink in Minute 89 bei 1:1 nur Holz getroffen hatte) diese Niederländer gesehen, er hätte seinen Augen nicht getraut, mehr noch: er hätte sich im Grabe umgedreht, wie sich sein Fuß0ball total, Marke Holland, in Antikick verwandelt hat. Aber beide Spiele waren und sind auch Beispiele, dass es Zeit ist, über Jahrzehnte etablierte Vorurteile und Etikettierungen über Bord zu werfen. Der Weltfußball hat sich, sein Gesicht und Gesichter verändert. Und das hat, zum Schrecken der Deutschen, nichts mit Katar zu tun…

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