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Ferry, magst ruhig sein – dein Dusika-Stadion ist endlich Geschichte

Da ja derzeit nirgendwo Zuschauer zu- und eingelassen, geschweige denn will  kommen sind, gab´s abseits von Facebook-Meldungen und Verbandsaussendungen kein großes Remmidemmi um das international ordentlich besetzte Abschiedsmeeting der Leichtathleten im Dusika-Hallenstadion neben dem Prater-, jetzt Happel-Stadion, in dem nur selten Fußballmatches und aktuell gar keine lukrativeren Pop-, Rock- oder sonstige Konzerte gespielt werden. Ja, post festum hab´ ich erfahren, dass sogar einige Jahresweltbestleistungen bei diesem Farewell-Event wurden, wobei sich das insofern relativiert, weil´s ja heuer kaum, wenn überhaupt Hallen-Meetings gab.

Wie auch immer, das Meeting mit einigen Stars, Stars in spe oder ade, hat natürlich bei älteren Semestern wie meiner Wenigkeit nostalgische Erinnerungen geweckt an tolle Veranstaltungen, von denen die heutige Generation nicht einmal zu träumen wagte, dass man sie auf Sitzbänke und Stehplätze stellt. Und das dank eines erfolgreichen Rad-Profis und späteren Rad- und Sporthändlers namens Ferry Dusika, dessen Name aus dem Sportwörterbuch wohl mit dem von ihm erbauten Hallenstadion für immer und ewig verschwinden wird – und es, psst: ein bisserl Ideologie mag wohl auch dabei sein beim Abriss – und auch soll …

Der rührige Ferry jedenfalls war´s, der sich in seinen Dickschädel setzte, auch Wien mit Hallenradsport vom Allerfeinsten zu beglücken und dabei all seine Beziehungen spielen ließ, um die Creme de la Creme ins neue Indoor-Oval zu holen.  Wer zählt die Gagen, nennt die Namen, die da tatsächlich kamen, um Ferry die Ehre zu geben: Eddy Merckx, den er immer als weiches D Edy ansprach. Patrick Sercu, der belgische Landsmann und Sechstagekaiser. Urs Freuler, der schnauzbärtige Supersprinter aus der Schweiz. Und. Und. Und – ja, und dann gab´s lange vor der dritten im dritten Jahrtausend (2002) auch eine zweite Hallen-EM der Leichtathleten (1979) in Wien, aber nicht in der Stadthalle, sondern im Dusika-Stadion, wo ein gewisser Dietmar Millonig aus Kärnten als 3000m-Sechster in 7:47,5 (!) schon andeutete, dass er einmal eine ganz kleine, aber sportlich große Größe werden würde. Er hielt, was er versprochen hatte, dann 1986 in Madrid (in der Hand) – eine Goldene!

Ja, dieses eigentlichn gar nicht so alte, aber doch legendäre Dusika-Stadion hat in einem halben Jahrhundert viel erlebt, nicht nur LA-Rekorde, nicht nur volle Ränge, nicht nur Sommersportliches, sondern sogar Shorttrack-Weltmeisterschaften am Eis mit dem Salt-Lake-City-Olympiastar Apollo Ohno aus den USA! Natürlich auch Eintragungen ins Guinness-Book auf Records mit dem damals längsten, vielleicht auch emotionalsten Daviscup-Einzel, das der unvergessliche, mysteriös bis dubios verstorbenen Horst(i) Skoff nach 6:04 Stunden reiner Spielzeit gegen den 7fachen Grand-Slam-Turniersieger Mats Wilander, die Nr, 2 der Welt, unter „Hooorsti-Sprechchören“ gewann.

Ja, und dann gab´s bei der zweiten Hallen-EM der Leichtathleten noch das Duell der des Dopings überführten Slowenin Ceplak mit der des Dopings bezichtigten, für immer aus der Öffentlichkeit verbannten Stephanie G., das die Fans von den Sitzen riss. Damals. Heute gehen die gleichen höchstens hoch, wenn sie den Namen einer jetzt bürgerlichen, ehedem roten, Gräfin und Mehrfach-Mama hören.  Ja, so ändern sich in unserer kleinen Welt mit den politischen (Ge)Zeiten auch die Menschen. Und deren Berührungsängste. Dem Ferry geht´s auch so mit dem Unterschied, dass er es nicht erlebt.

Aber kommen wir zum Abschied, bei dem, wie erwähnt, auch einige tolle Leistungen registriert wurden. Und auch einige Limits für die Hallen-EM, die sicherheitshalber – Corona sei gedankt – diesmal in jenem asiatischen Teil eines Landes mit Halbmond-Sichel stattfindet, mit dem EU-Europa derzeit eher über Kreuz und höchstens hintenherum verbandelt ist. Egal, EM ist EM, mit oder ohne Euro außerhalb Europas, das so nebenbei. Sehr interessant fand ich jedenfalls einen ganz anderen Aspekt, der – so steht zu befürchten – nur Ewiggestrige beschäftigt.

Da ja, wie eingangs erwähnt, eine Reihe von rotweißroten Legenden früheren Hallen-Euros in Wien, ob Stadthalle oder Dusika-Arena, oder anderen Städten ihren Stempel aufgedrückt hat, hätte ich schon erwartet, dass man sie – sofern rüstig, kräftig, agil und mobil – zum Abschied noch einmal auch für das p. t. Fernsehpublikum vor den Vorhang gebeten hätte, von Ilona über Maria, Karoline, Dietmar, Klaus, Karin bis… lassen wir das, weil es ja auch personae non gratae gibt, deren Name allein schon dem Hajo Seppelt aus dem (ost)deutschen Anti-Doping-Sauberlande die Schamesröte ins Gesicht treiben würde. Also lassen wir die, wie es auf Neudeutsch heißt, lieber außen vor.

Von der aktuellen rotweißroten Elite, von der man hofft, dass sie nach ersten WM-Medaillen womöglich auch mit olympischen glänzt, sofern es überhaupt noch Spiele gibt, war meines Wissens und Fotos nach niemand da, der auch den Medien ins Aug´ gesprungen wäre. Na gut, der schnellste Österreicher war da, ein gewisser Markus Fuchs, der leider eines dummen Verkehrs-Staus wegen den Abflug zu einem Meeting in Deutschland verpasst hatte, wershalb er daheim bleiben musste. Auch sein Sprint-Pendant bei den Damen, die Christina Toth heißt, ist gelaufen und die frühere Junioren-Vizeweltmeisterin im Siebenkampf, machten mit, das Fräulein Sarah Lagger. Die Neo-Südstädterin aus Kärnten ging ihrer 60m- Bestzeit über die Hürden, dafür aber machte sie keinen wirklich großen (Weit)-Sprung.


Wäre doch eine nette Idee und keine schlechte Promotion gewesen, hätte man Ivona Dadic, immerhin Sportlerin des Jahres, eine Verena Preiner, immerhin WM-Dritte, einen Lukas Weißhaidinger, immerhin Bronze-dekorierter WM-Diskushüne, aber auch jugendlich vergoldeter Kugelstoßer, vor Mikro oder Kamera geholt. Oder einen aus dem Marathonkreis, der schon das Tokio-Limit im Sack hat. 
Und oder den einen oder anderen der Betreuer, die auch einmal Granden waren, als SportlerInnen oder Trainer. Gunnar. Roland. Hubert. Georg. Christian. Wolfgang. Oder wer immer hierzulande der Leichtathletik voller Hingabe, Leidenschaft, Leidensfähigkeit, aber auch mit Zielorientiertheit wie realen Fantasien auf Beine (und Hände) geholfen hat. Mit Saisonweltbestzeiten, über Insiderkreise hinaus kaum bekannte Ausländer und hierzulande ebenso wenig bekannte Inländer lassen sich höchstens Zeitungs- und Social-Media-Spalten füllen, aber nur peripher Interesse wecken.

Aber vielleicht wird das alles ganz anders, wenn zwar nach dem Ferry auch das Dusika-Stadion längst nicht mehr unter uns weilt, wir in ein paar Jahren aber einen Event-Tempel aufgestellt haben, in dem dann – im Gegensatz zum Wiener LA-Zentrum Cricket-Platz – hoffentlich so viele Laufbahnen eingeplant sind, wie es internationale Meetings erfordern. Hoffentlich. Wobei man ja sagen muss, dass man sich in der Sportstadt Wien nicht um alles kümmern kann, was sich ein paar Sport-Puristen abseits unserer Grenzen ausdenken…  

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