Wir nennen ihn immer noch eigentlich despektierlich „unseren Burli“, aber das ist halt Macht der Gewohnheit. Inzwischen hat sich der immer noch buben- und jungenhaft wirkende Dominic Thiem mit oder Bartstoppeln zum ganzen Mann ausgewachsen, der die wichtigsten Punkte dann macht, wenn´s nötig ist. Wie beim ATP-Finale in London gegen einen 20fachen Grand-Slam-Sieger wie Rafael Nadal, den er zweimal im Tiebreak in die Knie zwang – auch deshalb, weil ihm genau dann, als er es brauchte, das Rebreak gelang, ganz so, als würde er ihm mit oder ohne Faust-Demonstration sagen: Hi, Rafa, ich hab vor dir Respekt, aber keine Angst, weil ich dich immer wieder in den Griff kriegen kann!
Dass er mental so stark geworden ist, um solche Gegner gleich zweimal im Tiebreak zu schlagen, dem Hasard-, aber auch Nervenspiel, das verdankt Thiem ganz unbewusst, aber auch ganz sicher dem ersten Grand-Slam-Titel, den er in New York unter dramatischen Umständen endlich doch noch gewonnen hat. Das ist eine sogenannte Kopfsache und darum weder genau zu definieren noch in Prozenten mathematisch auszudrücken, wie viel es ausmacht. Aber es gilt der Grundsatz: Was man hat, das hat man eben. Und was wiegt, das hat´s, so könnte man ebenso sagen.
Darum kann Thiem den Grand-Slam-Faktor als Plus auch und vor alle gegen seine aktuellen wie künftigen Herausforderer unter den Top 10 in die Waagschale werfen, ob diese nun Stefanos Tsitsipas, Andrej Rublew, Daniil Medwedew, Alexander Zwerew, vielleicht bald Jannik Sinner (19, zuletzt ATP-Siegespremiere in Sofia-Sieger) oder sonst wie heißen. Darum, da möchte ich schon jetzt wetten, wird der zum Mann gereifte, 27-jährige Dominic auch über kurz oder lang die Nachfolge eines der drei Musketiere Djokovic, Nadal und Federer als Nr. 1 antreten. Die Wette gilt, dass aus ihm in absehbarer Zeit der Dominator der Tenniswelt wird.