Ob Ski, ob Fußball, ob Formel 1 und Moto-GP – vor lauter Live-Sendungen ist zuletzt völlig untergegangen, dass am kommenden Donnerstag eine der wichtigsten Entscheidungen im Weltsport ansteht. Nahe Olympia, der Wiege der antiken Spiele, wird am 20. März 2025 der neue IOC-Präsident als Nachfolger des deutschen Fechtolympiasiegers und späteren Spiegelfechters Thomas Bach gewählt. Und dabei geht´s nicht nur darum, persönliche Eitelkeiten zu befriedigen oder Träume zu verwirklichen, sondern schlicht und einfach um die Zukunft der Olympischen Spiele.
Im illustren Kreis der Kandidaten, die sich bewerben, finden sich Royals wie der jordanische Prinz Faisal al Hussein, Bruder des Königs, Politiker wie der bretonische Bürgermeister und Radfunktionär Lappetient, der japanische Präsident des Turn-Weltverbandes, Morinari Watanabe, der Head-Eigentümer, FIS-Präsident und Milliardär Johan Eliasch, der Sohn des früheren Chefolympiers, der das IOC nach Boykottspielen wieder einte und für die besten Profis aus aller Welt öffnete, Juan Antonio Samaranch jr. also, und die olympisch mehrfach vergoldeten Granden Sebastian Coe, seines Zeichens noch von der Queen geadelter LA-Weltpräsident, und Kirsty Coventry aus Zimbabwe, bei fünf Olympischen Spielen von 2000 bis 2016 nicht nur dabei, sondern Medaillen- und Weltrekordsammlerin im Schwimmen, einer der klassischen Basis- und Kerndisziplinen der Spiele…
Die Wahl in schwierigen geopolitischen und turbulenten Kriegszeiten hat Gewicht, weil sie in verschiedener Hinsicht richtungsweisend ist. Wer oder was setzt sich in wenigen Tagen mit ungewissen Folgewirkungen durch? Übernimmt das IOC, eine der wenigen weltweiten Organisationen mit einer weltweit respektierten Führungsperson, wieder wie ehedem unter dem alten Samaranch eine Vorbildfunktion als einigende Kraft – oder überträgt sie die politische Spaltung mit eindeutiger Parteinahme auch auf den Sport, der eigentlich als Brückenbauer und Friedensstifter auftreten sollte?
Und ist nicht der Zeitgeist, der das womöglich wünscht, sondern die Zeit selbst samt Rahmenbedingungen schon reif für eine Frau an der Spitze der Olympischen Bewegung mit ihren Sommer-, aber auch Winterspielen, die mit der Fußball-WM mehr als andere über einen längeren Zeitraum ein Milliardenpublikum in den Bann ziehen? Nicht zu vergessen, dass sich der sportliche Schwerpunkt mit der Fußball-WM 2026 und Olympia 2028 in Los Angeles vor allem in die USA und nach Nordamerika verlagert, was bei der Wahl ins Kalkül gezogen werden sollte.
Wie gesagt, Fragen über Fragen, die Antworten harren – mehr jedenfalls als bei der Neuwahl des ÖOC-Vorstandes, die mit dem designierten Neo-Präsidenten Nussbaumer, ehemals Weltklasse-Ruderer und Ruderpräsident, ebenfalls ansteht. Der scheidende Boss Karl Stoss hingegen wählt als IOC-Mitglied noch den Bach-Nachfolger in Griechenland …

