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Hamilton, Rekorde, Stern und Fadesse

motorsportmagazin

Es ist passiert, woran ohnehin so gut wie niemand gezweifelt hatte, selbst nach der verpassten Pole-Position nicht. Aber jetzt ist´s amtlich, jetzt hat Lewis Hamilton am Nürburgring mit seinem 91. Grand-Prix-Sieg den Rekord von Michael Schumacher eingestellt, dessen sieben WM-Titel er so nebenbei heuer natürlich auch egalisiert. Aber so sehr der erste farbige Formel-1-Weltmeister auch Superlative setzt und Rekorde jagt, so einsam er an der Spitze thronen mag – seine Siege, begleitet von Sekundärerfolgen des Teamkollegen Valtteri Bottas, gehen bei einer breiteren Masse an Sportfans nicht unter die Haut.

Nein, nein, das hat zumindest mehrheitlich nichts damit zu tun, dass sich Hamilton seiner (jamaikanischen) Herkunft wegen gesellschaftspolitisch engagiert, also weniger mit Rassismus, sondern vielmehr damit, dass Mercedes in der milliardenschweren, aus Gründen der Vernunft zu hinterfragenden Materialschlacht nicht nur die Nase vorn hat, sondern der Gegnerschaft (haus)hochüberlegen, es also keine große Kunst ist, ihr den Auspuff zu zeigen. Natürlich kann man weder dem seinerzeit von einem pragmatischen Tüftler und scharfsinnigen Denker wie Niki Lauda mit Partner Toto Wolff aufgebautem Team noch dem weltmeisterlichen Starpiloten Hamilton zum Vorwurf machen, dass die Rennen für sie unter einem guten Stern stehen – man würde sich aber schon der meist fehlenden Dramatik wegen wünschen, dass es mehr harte, aber nicht unfaire Überholmanöver gibt statt der langsam langweiligen Mercedes-Prozession im Einser- oder Doppelpack.

Wer zur fast gleichen Zeit das Tennis-Finale in Roland Garros und das Formel-1-Rennen am Nürburgring verfolgt hat, der kann nur sagen: Beides gesehen, kein Vergleich! Da war nichts von prickelnder Spannung, da wurde auch der Rekord-91er fast zu einer Selbstverständlichkeit bar aller Luftsprünge noch Jubelstürme, was zudem ohne Abertausenden an Fans und Fußvolk sowieso nicht möglich gewesen wäre. Man darf aber gespannt sein, ob dem neuen amerikanischen Formel1-Management, das die lange erfolgreiche, aber letztlich überkommene Ecclestone-Ära abgelöst hat, eine Trendwende gelingt.

Gerade in Zeiten von Covid-19, das mit seinen Regeln auch den Spielraum der Formel 1 beschränkt, wären Reformen wichtig und angebracht, nein: sie hätten vielmehr sogar Signalwirkung, dass die Zeit der (finanziellen, damit motorischen wie technischen) Mehrklassengesellschaft im PS-Ringelspiel ein Ende haben muss. Gleiche Chance für alle a la IndyCar-Rennen, so muss die neue Norm(alität) auf höchster Ebene lauten! Schließlich gilt ja schon längst nicht mehr, dass die Formel 1 den Milliardenaufwand damit rechtfertigt, dass mit ihr Materialien für den Normalverkehr und Normalverbraucher getestet wird. Vielmehr gehört sie längst zu jenen Sportarten, die aus Selbstzweck betrieben werden.

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