Fussball

Harry Kane und die Elferfrage: Wie heldenhaft ist Verantwortung, die nichts kostet?

Das Duell des Titelverteidigers Frankreich gegen den aktuellen Vize-Europameister England hielt auch ohne Verlängerung puncto Drama(tik), was man sich erhofft hatte. Dass just der britische Kapitän Harry Kane im Mehrfachduell mit seinem Tottenham-Mannschaftskollegen Lloris, dem Tormann der Franzosen, zuerst zur bejubelten Figur und dann zum tragischen Helden durch seinen vergebenen Penalty in Minute 84 werden würde, war eine spezielle Ironie des neuerlichen Elfer-Schicksals der Briten. Unglücksrabe oder Pechvogel hin oder her, der mannhafte Harry Kane ließ via Presse oder eher ganz nach dem Geschmack englischer Medien wissen, dass er die Verantwortung für das WM-Aus übernommen habe.

Na, so etwas nenn´ ich in der Tat eine heroische Selbstgeißelung, oder etwa nicht? Ob der in Katar doch nicht immer so zielsichere Torjäger auch eine Intelligenzbestie ist, das weiß ich nicht, sein ganz normaler Hausverstand aber hat ihm gesagt, dass in Zeiten der politischen Correctness wie sportlichen Fairness natürlich fabelhaft klingt, wenn jemand Verantwortung fürs Scheitern übernimmt. In all meiner Bescheidenheit aber wage ich zu fragen: Wie schaut diese Verantwortung eigentlich aus, die Harry Kane auf seine Schultern lädt? Wem nützt diese unglaublich großzügige Geste des Mannschaftskapitäns, das war die Elfer-Frage, die ich mir gestellt habe, als ich von seiner ans Herz greifenden Demut gehört hab´.

Ja, werte Blog-Leser, so schaut es aus, wenn man öffentlich und veröffentlicht mit im Grunde sinn- und post festum wertlosen Worthülsen womöglich böses Blut in fast schon dankbare Anerkennung zu verwandeln versucht. Diese PIatitüde, eine von vielen in Zeiten wie diesen, kann vielleicht Tränen trocknen, dient aber nicht einmal als Trostpreis, weil es den erst für den Verlierer eines Semifinales mit dem Duell um Platz drei gegeben hätte. Und Harry Kane kann sich ganz locker schuldbewusst, verantwortungsvoll bis selbstkritisch an die Brust klopfen – dieser Satz kostet nichts, weil er  keinem seiner Mitspieler für die durch seinen Fehlschuss beim zweiten Elfmeter letztlich verpasste Chance auf Verlängerung oder gar ersten WM-Titel für England seit 1966 eine finanzielle Entschädigung oder ein anderes Pönale zahlen muss.

Und bei eben diesem Pro-forma-Satz ertappe ich mich beim Gedanken, wer auch immer die Verantwortung für manch einen wirtschaftlichen Fußball-Bankrott wie etwa jenem in Mattersburg übernimmt oder übernommen hat. Jedenfalls ist es ganz still geworden um die Millionenpleite im sonst so schönen Burgenland, aus dem so nebenbei auch jener ÖFB-Präsident stammt, über dessen Wohl und Wehe nach einer echten oder nur aufgebauschten Inseratenaffäre mit seiner Verlagsfirma jetzt eine kürzlich eingesetzte Untersuchungskommission des Verbandes ermittelt. Bin schon neugierig, wer – wie immer es ausgeht – die Verantwortung übernimmt. Zurück bleibt die Frage: Aufgelegter oder vergebener Elfmeter….    

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