Hoch, höher, Duplantis! Synonym für Himmelstürmer, Höhenflieger, Seriensieger, Rekordmaschine im Stabhochsprung. Halb Amerikaner, halb Schwede. Hauch Maradona im Vornamen Armand. Ganze Welt im Spitznamen Mondo. Die Flugshow, die der 24jährige bei seinem zweiten Olympiasieg mit seinem neunten Weltrekord abzog, verwandelte den Tausendstel-Sprinterkönig Lyles samt seiner Siegerehrung in einen Edelstatisten. Wie den Schwedenkönig Carl Gustav mit seiner deutschstämmigen Queen Silvia, die mit den Eltern zu den ersten Gratulanten zählten, kaum dass Gold (6,00m), Olympischer (6,10m) und Weltrekord (6,25m) vollbracht worden waren.
Sechs Meter und ein Viertelmeter dazu, das sind über den Daumen gepeilt zwei Stockwerke eines Hauses. Ma muss sich nur aus dem Fenster lehnen, um zu wissen, welch Höhen es sind, die Armand „Mondo“ Duplantis, das zweite und noch größere Stabhochsprung-Genie nach Sergej Bubka, da mit der Leichtigkeit des Seins meistert. Offenbar regiert bei Armand das von Kindesbeinen vom Trainer und Ex-Springer-Papa (5,80) eingeimpfte Motto: Über der Latte muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Wer diesen amerikanischen Schweden seit seinem ersten 6m-Sprung als 18jähriges Wunderkind verfolgt und die zweite Olympia- Krönung nach Tokio in Paris mit dem Himmelsturm in eine neue Dimension erlebt hat, dem fällt mur die Abwandlung des Zirkustitels ein: Artisten, MENSCHEN, Attraktionen!
Mensch Mondo, welch ein Mix aus Speed, Kraft, Motorik und Akrobatik! Da passt von vom Anlauf und der Griffhöhe, der Katapultwirkung bis zum Schlängeln über die Latte alles so zusammen wie die körperlichen Voraussetzungen, die er mitbringt, um Tempo, Taktik, Technik, Drehmoment und Turnfähigkeiten auf einen goldenen Nenner zu bringen. Er ist drahtig, aber kein Muskelprotz, also nur ein Modellathlet, was seine Disziplin betrifft, in der man nicht zu groß, nicht zu schwer, nicht zu kantig, sondern auch feinfühlig und besonders drehfreudig sein muss, um diesen Salto himmelwärts zu drehen. Und das beherrscht er wie einst Bubka, der fünfmal Weltmeister, aber nur einmal Olympiasieger (1988) war, wie kein anderer. Und darum waren es auch die größten Gegner, die ihn mit den 80.000 Zuschauern nach zwei gescheiterten Versuchen über 6,25m aufmunterten und im letzten Anlauf zum Sprung der Sprünge einklatschten, den er dann tatsächlich so atemberaubend wie selbstverständlich schaffte. Und dann, als wäre er Rumpelstilzchen, mit kleinen Sprüngen zu Papa und Mama eilte, ehe ein echter König dem Sportkönig die Reverenz erwies. Alles natürlich, alles (eben)erdig, nicht aufgesetzt. Sportgerecht ohne Kasperltheater.
Wie schon am Vortag, als ich in keinem der vielen TV-Sender einen Usain Bolt gesehen oder gehört hatte, so sah ich auch diesmal keinen Sergej Bubka, der ja inzwischen als IOC- und World-Athletics-Vizepräsident abgedankt hat, weil er als russenfreundlicher Ukrainer und dazu noch Freund Putins gilt, dem er oft die Hand gegeben hat – wie übrigens auch ein gewisser Thoms Bach, der da allerdings Erinnerungslücken hat. Es geht eben nichts über die völkerverbindende olympische Idee, die neuerdings allerdings lieber trennt statt eint.
Das war zumindest aus meiner Sicht der einzige Wermutstropfen an einem LA-Abend, den der unvergleichliche Armand „Mondo“ Duplantis zu einem unvergesslichen Highlight gemacht hat. Und bei dem als 24jährigen das Ende der Fahnen-, Pardon: Stabstange, nicht abzuschätzen ist. Vorgänger Bubka übrigens schätzt, dass Mondo den Mondiale noch auf 6,30 bis 6,40 Meter schrauben kann. Es lebe die dritte Dimension mit dem dritten Stock, der keine Illusion mehr zu sein scheint. Hoch, höher, am höchsten, heißt: Duplantis!
PS: Wäre nicht der gerissene Diplomat Bach, hätte er nicht sozusagen über Nacht gehandelt und den in Paris weilenden, immer wieder medial mit unbewiesenen Vorwürfen angegriffenen Sergej Bubka aus der Versenkung geholt, damit er Armand Mondo Duplantis die Goldene im ausverkauften Stadion und vor Abermillionen an TV-Zuschauern bei der Siegerehrung umhängt. Gewusst wie….