Ich hoffe, dass es mir niemand unter den echten Sportfans übelnimmt, wenn ich mich heute nicht noch einmal mit dem vor-vor-vorletzten Abschied von Dominic Thiem beschäftige oder in Begeisterung über die Info des Tennisverbandes ausbreche, dass Österreich auf dritter, vierter und fünfter Ebene von einem zwergenhaften Erfolg so zum nächsten eilt wie von einem Highlight a la Daviscup in Bad Waltersdorf gegen Türkei und folgenden hochkarätigen Challenger-Turnieren ebendort wie in Tulln. Oder den Schwärzler-Sieg beim ITF-25er in Oviedo, wo er den Lokalmatador eliminierte, immerhin die Nr. 1648 der Welt. Sapperlot.
Nein, ich werde mich heute mit dem ersten von zwei für österreichische Begriffe ganz Großen unseres Sports widmen. Ehe Franz Hasil, Österreichs erster Europacup- und Weltcupsieger (mit Feyenoord Rotterdam unter Happel) demnächst seinen (Urlauberzeit-) 80er im großen Stil nachfeiert, möchte ich meinem alten Formel-1-Freund Gerhard Berger zum halbrunden 65er herzlichst gratulieren. Ich hab´ den Tiroler aus Kundl bei Wörgl in meiner langen Zeit als GP-Reporter im Jahre 1984 in Monte Carlo kennengelernt, als der damalige Spätzünder im Formel-3-Rennen als Zweiter erstmals für Furore und kleinere Schlagzeilen gesorgt hatte. Berger hat nie vergessen, dass meine Wenigkeit damals die erste größere Geschichte mit ihm gemacht hatte, als sich beim PS-Roulette rund ums Casino fast alles nur um Niki Lauda und sein Stallduell mit Alain Prost gedreht hatte …
In diesem Jahr, in dem Niki Nationale, Gott hab ihn selig, den letzten seiner drei WM-Titel gewinnen sollte, wurde der Tiroler nach einem Senkrechtstart im Zweitklasse-ATS-Boliden mit dem ersten WM-Punkt in Monza als neuer Lauda gefeiert, was er aber weder war noch werden konnte als erster Berger mit all seinen Vor- und Nachteilen. Gerhard war weit mehr Draufgänger als Niki, wäre er vom Speed her nicht einer der Allerbesten gewesen, hätte er auch nie und nimmer bei Topteams wie Ferrari, McLaren und Benetton höchstdotierte Verträge bekommen. Berger scheute auch nie den Konkurrenzkampf mit den Größten der Branche zu seiner Zeit, ob sie Senna, Prost oder die von ihm besiegten Alesi, Mansell oder Alboreto hießen.
Und wie Lauda 1976 am Nürburgring, so landete auch Berger nach einem Ausritt in einem Flammeninferno, bei dem auch unsereins als einer der Augenzeugen des Imola-Unfalldramas 1989 um das Leben des 30jährigen bangte, ehe feuerfester Overall samt Gesichtsmaske und blitzartiger Eingriff der Rettungsmannschaft das Schlimmste verhindert hatten – und Gerhard mit erhobenem Zeigefinger als Siegeszeichen über den Tod für Entwarnung sorgte, als er in die Ambulanz zum Check geschoben wurde. Halb so schlimm wie bei Lauda. Aber wie einst Niki, so fuhr auch er beim übernächsten GP mit bandagierten Händen mit, als wär´ nichts geschehen.
Hätte Berger die Konsequenz und Disziplin gehabt, die ein Lauda aus gan anderen, verschiedenen Motiven hatte, hätte er vielleicht sein WM-Nachfolger werden und nicht nur 10maliger Grand-Prix-Sieger, WM-Dritter und WM-Vierter zu bleiben. Aber der verhinderte Skirennläufer und echte Tiroler war halt kein Kind von Traurigkeit, das nicht nur aufs Tempo drückte, sondern auch in jungen Jahren zu den Schürzenjägern gehörte mit dem Drumherum, Tamtam und Flair, das damals die Formel-1-Helden umgab im Gegensatz zu späteren Jahren, als Motor-Home-Flucht und schmale, wortkarge Lippen einkehrten. Berger schlüpfte nie aus seiner Haut, sondern blieb sich in seinem Wesen stets treu. Und auch ohne WM-Titel war er ein stets kommunikativer Erfolgsmensch, der als BMW-Sportchef in Le Mans triumphierte, die kränkelnde DTM-Serie vor dem Ende bewahrte und auch das Toro-Rosso-Formel-1-Team führte, den Ableger des RedBull-Rennstalls, den sein verstorbener Freund Didi Mateschitz auf die Räder gestellt hatte – jener erfinderische Dosen-Milliardär, der 1989 als ersten Sportler einen gewissen Gerhard Berger sponserte. Und damit die Schiene zur Formel 1 legte, in der er zum bestimmenden Faktor werden sollte.
Heute leitet der Kosmopolit, aber echte Tiroler und fünffache Vater Gerhard Berger, der in zweiter glücklicherer Bald- oder heimlicher Doch–schon-Ehe mit der ebenso echten Tirolerin Helene zwei Spätlinge hat, ein großes Logistik-Unternehmen neben dem Hauptbahnhof Wörgl. Und dort, auf seinem Schreibtisch im Büro, hat er alle Autos in Matchboxformat aufgereiht, mit denen er in seinem erst 1980 mit 20 Jahren begonnenen PS-Leben zu tun hatte, vom Alfa im Sud-Cup bis zu den letzten Stationen. Ein Original in jeder Hinsicht. Wie Gerhard. Glückwunsch!