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Laute Töne über weiße Sportlerinnen-Dressen, über die man in der Regel nie sprach

An sich hätte mich dieses Thema ja schon aus bekannten Gründen nicht berührt, aus aktuellem Anlass aber fühle ich mich bemüßigt, meinen Senf dazu zu geben. Mann, oh Mann, so wird wohl jetzt die eine oder andere sagen, jetzt beschäftigt sich der Metzger in seinem täglichen Blog auch noch mit der Periode der Frauen! Unerhört! Aber irgendwo irgendwie haben bei mir als altbekannten Verschwörungstheoretiker im Hinterstübchen die Alarmglöckchen zu vibrieren begonnen, als auf der Insel zunächst einmal im Tennis und im Fußball eine Diskussion um reinweiße Spielkleidung angezettelt wurde.

Kaum hatte die zumindest mir ziemlich unbekannte englische „Mixed-Doppelgröße“ Barnett gleichsam wie aus dem Nichts zur Debatte aufgeschlagen, wie und warum es möglich ist, dass Frau am heiligen Rasen von Wimbledon auch dann, wenn sie unter der Regel mit deren eigenen Gesetzen leidet, wie das Amen im Gebet nur in weißer Spielkleidung antreten darf. Abgesehen von anderen Imponderabilien, die mir naturgemäß fremd sind, hat die bisher verkannte britische Tenniskanone auch gemeint, dass die mentale Belastung enorm sei, aber auch enorm unterschätzt werde…

Ja, das sind für einen maskulinen Außenseiter der Frauengesellschaft ganz sicher interessante Töne und Anmerkungen, wobei ich mich frage, weshalb für die alles andere denn schüchternen Vorreiterinnen der Gender-Balance vom Kaliber einer Billie Jean King oder Martina Navratilova, aber auch der siegreichen Garde von Hingis über Henin bis Clijsters, ganz zu schweigen von dem doch eher vorlauten Williams-Sister-Act, dieses Thema immer tabu gewesen war?  

Und warum partout jetzt nach mehr als einem Jahrhundert, in dem sich die sanitären und medizinischen Voraussetzungen sozusagen um Lichtjahre weiterentwickelt haben? War´s womöglich der große Respekt vor Wimbledon und der Tradition, die heiliger ist als alles andere? Wurde alles aus falscher Scham verschwiegen? Nein, nein, das kann ich mir kaum vorstellen angesichts ganz anderer Reden, die von emanzipierten Tennisfrauen geschwungen wurden! Weil etwa keine die Erste sein wollte, die offen und öffentlich darüber sprechen wollte? Vielleicht, vielleicht auch nicht.

Jedenfalls interessant, dass nur einen Tag nach Barnett und nur eine Nacht nach dem mühsamen 1:0-Euro-Auftaktsieg gegen Österreich die Löwinnnen Albions als ganzer Chor dem Barnett-Solo zugestimmt und dagegen protestiert haben, auch an bestimmten Tagen immer ganz in Weiß spielen zu müssen, es also auch im Fußball an der Zeit wäre, keine Schmutzwäsche mehr waschen zu müssen. Da sich in der weißen englischen Fahne meiner Interpretation nach ein knallrotes Kreuz in der Horizontale befindet, läge doch das Motto für die englischen Frauen auf der Hand: Weg mit weißen, her roten Hosen und weißen Westen, pardon: Hemden!

Fußball ist schließlich nicht Wimbledon, in den Stadien regiert kein nobler Lawn, Racquet and Tennis Club und schon gar kein heiliger Rasen, sondern da ist von der keineswegs immer holden Weiblichkeit nach teutonischem Vorbild mit Haken und Ösen seit Jahren immer besser und leidenschaftlich gekämpft worden, dass bisher niemand auf die Idee kam, so ein heikles Dressen-Thema anzusprechen. Blöd nur, dass das Medien-Echo auf den Boris-Johnson-Rücktritt auf Raten diese späten Hilferufe von der sportlichen Insel der (Un)Sauberkeit ganz sicher bei weitem übertönt. Nach dem Barnett-Aufschlag aber ist wohl klar, dass das „Weißbuch“ von Wimbledon keine sieben Siegeln mehr trägt. Und ich muss hoffen, dass ich mir als Lästermaul nicht schon wieder die Zunge verbrannt hab´….

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