Politik und Sport, das war und ist ein heikles Thema, mit dem schon immer auch viel Schindluder getrieben wurde. Nicht nur mit Olympia 1936 in Berlin, nicht nur mit den großen, aber auch kleineren, etwa afrikanische Länder betreffenden Boykott-Spielen der siebziger und 80er-Jahre des 20. Jahrhunderts. Sport ist und war eine ideologische, politische und natürlich auch medial optimal einsetzbare Waffe, um Druck auszuüben, Gegner anzuschwärzen und gesetzte Ziele zu erreichen – alles Ingredienzien, die mit den Idealen des Sports und mit sportlicher Fairness wenig bis nichts zu tun haben sollten.
Auch wenn mir jetzt eher politisch links von der Mitte orientierte Personen womöglich vorwerfen, als alt gewordenes Kind aus bürgerlichem Haus auf dem rechten Aug´ eher blind zu sein, so frage ich mich manches Mal schon, weshalb auch im Sport so gut wie immer nur der rechtsextreme Teufel an die Wand gemalt wird und so gut wie nie Auswüchse angeprangert werden, die aufs Konto gewaltbereiter, linker Elemente und nicht nur Autonomer gehen. Das sei einmal generell vorausgeschickt, ehe ich zum aktuellen Anlass komme, der – so nebenbei – von der englischen, der „linken“ Labour-Party zugerechneten Tageszeitung „Guardian“ ins Rollen, in die Diskussion und zum Eingreifen gebracht wurde.
Und worum geht´s dabei? Um einen Schiedsrichter! Einen polnischen Referee, dem bisher die Aura umgab, der beste Mann seines Faches zu sein, weshalb dieser Szymon Marciniak auch das WM-Finale 2022 in Katar zwischen Argentinien und Frankreich ganz ausgezeichnet geleitet hatte. Kurzum, er war bis zum 17. Mai, als ihn die Uefa als Schiedsrichter des Endspiels in der Königsklasse zwischen Real-Madrid und Manchester City bestimmte, die beste Wahl gewesen, ehe … Ja, bis Szymon aus seiner (politischen) Gesinnung kein Hehl machte, um als einer der Redner bei einer Veranstaltung eines hierzulande zumindest für mich namentlich bisher unbekannten polnischen Rechtspopulisten aufzutreten.
Na, mehr hat er nicht gebraucht, der sonst über jeden Tadel erhabene Topreferee Marciniak! Und kaum hat der „Guardian“ das zu Papier gebracht, schon mahlen die Mühlen der Uefa-Justiz, schon wird untersucht und ermittelt, was es mit dem Auftritt und mit der Rede auf dem Hut hat – oder besser gesagt: dass sich Europas Fußballverband davor hüten sollte, so einen davor honorigen Mann in die finale Auslage zu stellen! Ja, die relativ durchschaubare Masche und die folgende, auch mediale Maschinerie scheint zu funktionieren, jedenfalls vorläufig, indem man auf einen bisher unbescholtenen, aber anders als der mediale Mainstream tickenden Referee mit dem Finger zeigt, ganz so, als wäre er ein Richter am Volksgerichtshof unseligen Angedenkens.
Szymon hin, Marciniak her, es kann doch nicht sein, was nicht sein dürfte, dass nur noch Sportler: Innen, Schiedsrichter: Innen und sonst im Sport involvierte Personen akzeptiert werden, die die Gesinnung eine Polit-Seite teilen. Das hat, wenn sie mich fragen, mit Demokratie so wenig zu tun wie mit sportlicher Fairness. Ich hab´s auch auf die Gefahr geschrieben, dass ich mir dabei die Finger verbrennen könnte. Aber Anfängen zu wehren gilt nicht nur für die eine, sondern auch die andere politische Fraktion!