Fussball

Nach Blitzstart trotz Ergriffenheit war dann sportlich Schluss mit lustig

Ich bin im Clinch mit mir selbst, ob ich es wagen soll, das zu schreiben, was ich mir bei Durchsicht vieler Nachrichtentexte, Spieler-und Trainer-Aussagen  zum WM-Match in San Marino unwillkürlich gedacht nhabe. Natürlich hat mich nacktes Entsetzen gepackt, als ich vom schrecklichen Amoklauf mit einem Dutzend an Todesopfern an einer Grazer Schule gehört, gesehen und gelesen habe – erst recht deshalb, weil just zum Zeitpunkt dieser hierzulande bisher noch unvorstellbaren Tragödie amerikanischer Dimension meine jüngste Tochter ihre letzte Matura-Prüfung in einem Wiener Gymasium absolvierte. Und sie wissen ja, wie schnell da hypothetische Vergleiche im Hirn spuken. Was wäre, wenn …

Ich will jetzt gar nicht auf die üblichen Verbalkreaktionen und Standarfloskeln der Politiker: Innen eingehen, das Rundherun zum San-Marino-Match allerdings hinterließ bei mir nicht nur sportlich einen zwiespältigen Eindruck, sondern ambivalente Gefühle – nicht zuletzt auch der Mischung bzw. dem Wechsel aus politisch korrekter Ergriffenheit im Countdowm zum Ankick und überbordender Fußballer-Leidenschaft wie Kommentatoren-Euphorie nach dem Blitzstart mit dem 4:0.

Da ich Gnade früher Geburt bis in die frühen Morgenstunden das Münchner Attentats von 1972 verfolgt und den legendären, ans Herz gehenden Spruch des vordem hierzulande (nach Schranz-Ausschluss) verhassten IOC-Präsidenten Avery Brundage „The Games must go on!“ noch im Ohr habe, sind mir Terror-Trotz, Schreck- und Schockbewältigung im Sport keine Unbekannten. Auch damals in München, wo die Olympiasportler noch direkter involviert waren, haben die großen Stars und kleinen Mitläufer einen Schalter umgedreht, um mit der Tragödie auch deren rücksichtlosen Mördern die Stirn zu bieten und zu signalisieren: So schnell kriegt ihr uns nicht klein, das Leben geht mit und für uns ganz normal weiter …

 

 

Mich hat in San Marino verblüfft, wie schnell das Team den Schalter umgelegt und ohne emotionale Hemmungen mit Aggressivität, Härte und fast erarmungsloser Konsequenz den Allerletzten der FIFA-Weltrangliste eingeschüchtert hat, um nach einer knappen halben Stunde unter dem überbordenden Kommentatioren-Jubel mit 4:0 vermeintlich unterwegs zu sein zu einem Rekordsieg.

Dass fußballerisch danach Schluss mit lustig war, hatte aber ganz sicher nichts mit verspäteter Schockwirkung und eingeholter Ergriffenheit des Grazer Amoklaufs zu tun, an den in Serravalle ein Banner mit Kreuzen erinnerte. Das Sportliche ist ein anderes Kapitel, mit dem sich Rangnick und Co, wenn´s ans Eingemachte und nicht gegen eine Maus geht, die zu brüllen anfing, auseinandersetzen müssen. Ohne Träne im Knopfloch. 

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