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Nachruf auf Anderl Molterer: Weißer Blitz aus Kitz und ewiger Hahnenkammrekordler

So traurig es auch ist, ich komme derzeit aus den Nachrufen für österreichische Ski- und Sportlegenden nicht herum. So ist eben der Lauf der Zeit, die mir derzeit immer wieder eine noch frühere Generation an Größen raubt. Erst war´s Heini Messner, 84,  nun Anderl Molterer, 92. In meiner zweiten Heimat Kitzbühel war ich vorgewarnt worden vor kurzem, dass es schlecht stehe um Anderl, schon das zweite Mal hätte man ihn ins Krankenhaus bringen müssen.

Jetzt ist der Weiße Blitz aus Kitz erloschen, das ältere, kleinere, konträre Gegenstück zum Schwarzen Blitz, dem Tonai, aus dessen Schatten er sehr oft, nicht aber bei Olympia und WM treten konnte. Trotzdem unverwechselbar. Trotzdem faszinierend. Trotzdem eine historische Größe, die vor allem in die Hahnenkamm-Annalen eingegangen ist. Alle Neune, das kann man sagen: Ganz ohne Super G´s oder Super-Kombis hat er 9mal triumphiert. Trotz Leichtgewicht im Abfahrtsklassiker, in Slaloms und in der klassischen Kombination aus Streif-Abfahrt und Ganslern-Slalom.

Wie alle aus der Weltmeister-Pravda-Schule des Weißen Wunderteams war auch der Anderl ein Alleskönner, der jeden Schwung und jede Disziplin beherrschte, aber ebenso auch als Inbegriff eines Hasardeurs, für den es nur eine Devise gab, vor allem im Slalom: Siegen oder fliegen! Vielleicht einer der Gründe, warum es trotz Silber und Bronze, trotz vieler klassischer Siege in sogenannten FIS-A-Rennen, Vorläufer des erst 1967 eingeführten Weltcups, nie zu Goldmedaillen im Amateurzirkus gereicht hat. Und wäre da nicht der Kitz-Klubkollege Toni gewesen, der Anderl hätte der Größte werden und sein können. Konjunktiv im  Gegensatz zur brüderlichen Freundschaft zu Sailer und zum Schwarzen Blitz, dessen Größe der Weiße Blitz neidlos anerkannte und respektierte. Wie gesagt: Freund statt Feind.

So universell auf den Pisten, so gut war Molterer in jedem Sport, den er angriff oder spielte. Ob Fußball, ob Golf oder Tennis, er war stets am Ball. Als Bub und Bursch hab´ ich ihn, meist noch in SW-Filmen (Fox Tönende Wochenschau; jetzt Vintage Sport), nur aus der Ferne erlebt, aber 1979 persönlich in seiner Wahlheimat Aspen in seinem Sportgeschäft kennengelernt, wo er es verstand, als „Legend from Austria“ im tirolerischen Englisch seine Kundschaft von Verkäufen zu überzeugen.

Damals, als der Anderl, war ja stets ein offenes Geheimnis, in einer Dreiecksbeziehung mit Kay und deren Mann lebte, ganz ohne Streit und mit Mixed-Doppel, die sie am Tennisplatz spielten. Mit der verwitweten Kay zog er als Golf-Freak erst um nach Florida, dann in deren Heimat Nashville, Tennessee, ehe er nach Kays Ableben  vor zwei Jahren heim nach Kitzbühel kehrte.

Immer wieder tauchte er beim Hahnenkammrennen auf, dessen erfolgreichster Skirennläufer er war und wohl für immer bleiben wird. Auch in aller Klein- und Bescheidenheit als einer der Allergrößten des alpinen Skirennlaufs, dem er mit riskanten Stil und 50-FIS-Siegen den Stempel des unverwechselbaren Hasardeurs aufgedrückt hat. Damals und bis ins hohe Alter ein Quecksilber. Anderl, R. I. P.

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