Auch wenn ich einige Zeit lang nicht mehr in den USA gewesen bin und ebendort die TV-Werbung nicht mehr konsumiert hab´, deren ewig breit, gütig und verkaufsankurbelnder Star er längst geworden war, so hat mich die Meldung total überrascht und berührt: Boxlegende George Foreman tot! Als ich das hünenhafte Schwergewicht zuletzt am Bildschirm sah, als er für Griller die Werbetrommel rührte, sah er aus wie das blühende Leben und die Freundlichkeit in Person – eine legendäre, vielfältig schillernde Figur, die meine Karriere seit 198 begleitet hat. Und die ich, der heimischen, von vielen vergessenen, vor 20 Jahren verstorbenen Legende Toni Fritsch sei posthum noch gedankt, persönlich in Houston und dann in Wien hab´ persönlich kennenlernen dürfen.
Es ist mittlerweile fast 40 Jahre her, aber ich hab´ die Worte von Big George noch heute im Ohr, als er mir in dem von ihm erbauten und geführten Foreman-Youth-Center seine Lebensgeschichte erzählte, fast beichtete – den großen Bogen vom Saulus zum Paulus! Vom klein-kriminellen Straßenbuben, der aus Texas flüchtete, in einem Kansas-Fitness-Center zum Boxen animiert wurde, die Ausscheidung für Mexico gewann, um ebendort nicht nur Olympiasieger zu werden, sondern als vergoldeter Schwarzer zum Gegenpol der Black-Power-Protestsieger (John Carlos, Tommy Smith) zu werden. Sozusagen der Trump-Vorläufer mit der Parole America First, als er als Goldjunge im Ring plötzlich aus dem Hosensack eine kleine US-Flagge zog, um sie demonstrativ aller (Sport) Welt zu zeigen. Der Anflug von Paulus im Saulus, der inklusive Haartracht wie ein furchterregender Riese wirkte ...
Olympiasieger als Patriot, Erstmals Champ gegen Frazier, K. o. im Rumble in the Jungle.
Als er mit „Smoking Joe“ Frazier in Jamaica kurzen Prozess gemacht und sich zum Weltmeister gekürt hatte, kam´s zum „Gipfel“ mit Muhammad Ali beim bis heute undurchsichtigen „Rumble in the Jungle“ in Kinshasa, bei dem mit Foreman auch sein Nimbus des Unzerstörbaren K. o. ging. Als er auch noch gegen Jimmy Young verloren hatte, kam es – er schilderte es mir so, als wäre ihm im Traum die Bibel erschienen – endgültig zur Metamorphose von Big George zum demütigen Evangelisten, der zusätzlich zu eigenem auch Geld sammelte, um ein Gotteshaus zu bauen, in dem der gefürchtete Schläger von vorgestern Nächstenliebe predigte.
Eine, die er selbst vorlebte, als er das Youth Center gründete, um Kleinkriminelle wie er selbst einer war, zu bekehren und ihnen mit Boxtraining auch die Gelegenheit zu bieten, den Überschuss an Aggressionen abzubauen. Was ihn, ganz ohne Traum, nicht daran hinderte, dem inneren Drang zu folgen, zehn Jahre nach der letzten Niederlage und und um fast 50kg schwerer, ein Comeback im Ring zu starten. Faust aufs Auge eines Predigers? Mitnichten aus seiner Sicht, denn es spiegle die körperliche wie mentale Widerstandsfähigkeit, die auch das Alltagsleben verlange.
Die vielen Facetten des Big George: Evangelist, Werbe-Ikone, Ältester Champion.
Wie das Comeback endete, das ist so legendär wie Foreman, der immer nach Wien kam, wann immer Freund Fritsch gerufen hatte. Als 46jähriger, der den Schlaghagel des Favoriten Michael Moorer überstanden und abgewehrt hatte, krönte er sich 1994 mit einem Schlag zum ältesten Heavyweight-Champ of the World. Mission Completed. Zu Ring. und zu Lebzeiten in vielfältiger Form. Auch mit höchstem Respekt vor Ali, der sportlich wie religiös auf der Gegenseite stand. Mit Foreman hat (trotz Tyson) der letzte legendäre Gigant der Boxszene die Welt verlassen. R. I. P., Big George.

