Heinrich Thun ist tot. Jüngeren Semestern wird der Name so gut wie nichts mehr sagen, weil´s lang, lang her ist, dass der Kraftlackel mit dem gewellten blonden Haar als erster heimischer Leichtathlet zumindest für einige Zeit die Nummer 1 der Welt war. Damals im Jahre 1963, als meine Wenigkeit noch gar nicht ahnte, ein Jahr später als Journalisten-Jungspund in der „Presse“ dann und wann auch über ihn zu berichten. In Leoben, wo später auch Liese Prokop einen ihrer Fünfkampf-Weltrekorde aufstellen sollte, schleuderte Thun den Hammer sensationell mit 69,77m ganz nahe an die damalige Weltklasse-Traumgrenze von 70m heran – eine Weite und Leistung, an der er für immer gemessen und deshalb, weil er sie bei Olympia 1964 (als Mitfavorit nur 15.) nicht erreichen, geschweige denn überbieten hat können, zur Zielscheibe der Kritik wurde. Katzenjammer. Heulen und Zähneknirschen, dass nichts daraus wurde, wovon er und alle vordem geträumt hatten…
Wobei das deshalb ungerecht war, weil der erste Bundesheer-Frontsoldat unseres Sommersports auch des vielleicht überzogenen Krafttrainings halber sein Kreuz mit dem Rücken hatte, der zwickte, zwackte und oft so schmerzte, dass dem Heinrich davor graute. Die Medaillen, die man von ihm seiner Leistungsexplosion erhofft hatte, die konnte er nicht liefern, ein vierter Platz bei einer Europameisterschaft war das höchste der Gefühle neben der Tatsache, dass es mehr als ein Jahrzehnt und in dieser Zeit auch geänderter Wurftechniken dauerte, bis er als Rekordler vom Kärntner 70m-Werfer Sternad abgelöst wurde. Am Rande sei vermerkt, dass Thun damals ein ebensolcher Solist mit dem Hammer war wie heutzutage ein international erfolgreicherer Hüne wie Wei0haidinger mit dem Diskus. Mit seiner Weltjahressbestweite vor 61 Jahren, aber auch mit seinem Wurfschnitt von damals hätte Thun auch in diesem Jahrtausend seit Jahren den österreichischen Titel gepachtet – in der Allgemeinen und nicht in der Altersklasse.
Wie schon kurz erwähnt, so wurde Thun als erst bewunderte, voreilig bejubelte und letztlich doch unvollendete LA-Größe ein Trendsetter für den heimischen Spitzensport, der ohne Sportsoldaten kaum lebensfähig wäre. Nach seiner Karriere blieb Thun dem Heer treu, wo er sich auch als Ausbildner um Sportler kümmerte, ohne dass das jemals und erst recht von ihm an die große Glocke gehängt worden wäre. Erst Stiefkind des Glücks, als es in Zeiten ohne Weltmeisterschaften um epochale Erfolge ging, später ein so gut wie Vergessener bis medial Unbekannter, der bis zu seiner Pensionierung im Unterrichtsministerium, lange Zeit auch Sport-Ressort, tätig gewesen war. Jetzt ist Heinrich Thun im stolzen Alter von 86 Jahren gestorben und hat mit den Berichten zu seinem Ableben im nachhinein noch einmal dokumentiert, dass auch Österreicher in klassischen Weltsportarten zu Weltklasseleistungen fähig sein können. Das sollte man ihm nie vergessen. R. I. P.