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Präzedenzurteil der Paragraphenritter: Sportlicher Fluch rechtlichen Segens

Ich sehe schon, wie sich viele (auch meiner vor allem jüngeren Branchen-Kollegen) die Hände reiben, wenn nicht jubeln, dass der Europäische Gerichtshof in Luxemburg dem Fußball-Weltverband Fifa und der Uefa mit seinem weit über das Bosman-Urteil von 1994 hinausreichenden Entscheid mehr als nur eine Ohrfeige versetzt hat. Welch unabsehbare Konsequenzen dieses Präzedenzurteil hat, das dem Welt- wie dem wichtigsten Kontinentalverband das Monopol auf Wettbewerbe entzieht und damit zwangsweise grünes Licht für eine neue Super-League gibt, ist noch gar nicht abzuschätzen. Hauptsache vordergründig, es geht den “Großkopferten” an den Kragen.  

Wissen diese offenbar ziemlich einseitig-kurzsichtigen, mitunter völlig sportfremden und praxisfernen Paragraphenritter eigentlich, was sie mit diesem Urteil angerichtet und welche Türen sie damit geöffnet haben? Wenn sie mich fragen, dann handelt es sich dabei um so etwas wie die Büchse der Pandora, in der (quasi als Vergeltung für Unterdrückung) alles Unheil der Sportwelt steckt. Wie ja jede/r weiß, sind Recht und Gerechtigkeit so verschiedene Schuhe wie ein Rechtsspruch am Gericht und über Jahrzehnte gewachsene, ebenso lang bewährte pragmatische Strukturen in der Sportwelt.

Wenn also, was (mehr oder weniger wirtschaftlich lukrative) internationale Wettbewerbe oder Wettkämpfe betrifft, den Dach- und Fachverbänden die Entscheidungsgewalt entzogen wird, dann kann jeder (mehr oder weniger betuchte) Organisator in logischer Konsequenz machen, was er will und ihm gefällt, auch wenn damit jetzt jene durch die Finger schauen (werden), mit denen sie früher das Geld gezählt haben.

Und wenn so eine Entscheidung in Zukunft für den Fußball gilt, dann fürchte ich, werte Blog-Leser, dass auch andere (womöglich von Superreichen gesponserte) Sport- oder Event-Veranstalter auf die Idee kommen könnten, ihre eigenen Serien zu starten nach dem Golf-Beispiel, wo die LIV-Saudi-Tour den etablierten PGA-Turnieren mit horrenden Gagen und Preisgeldern ja schon seit geraumer Zeit buchstäbliche Löcher schlägt.

Wie beim Fußball, so werden sich auch in anderen Sportbereichen clevere bis windige Advokaten finden, die sowohl Lücken in den Gesetzen als auch willige Paragraphenritter wie jene in Luxemburg finden, die in juristischer Blauäugigkeit die Rolle des Zeus-Boten Hermes spielen, der die Büchse der Pandora überbringt. Des rechtlichen Segens sportlicher Fluch, zu dem viele noch Beifall klatschen. Ich für meinen alten  Teil möchte an den Satz erinnern, der sich im Laufe der Geschichte immer wieder bestätigt hat: Die Revolution frisst am liebsten ihre eigenen Kinder!

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