Im Gegensatz zur Literatur ist Ralf Rangnick ein Mann mit vielen Eigenschaften. Selbst war er nur ein eher bescheidener Amateurkicker. Erst als Trainer, der SSV Ulm von unten zumindest kurzfristig ganz nach oben brachte, hat er sich als Profi-Stratege einen so guten Namen gemacht und Ruf erworben, dass das Rundherum eine Eigendynamik bekam. Und so kam´s, wie es iheutzutage kommen musste: Cheftrainer da, Sportdirektor dort, zwar gescheiterter Manchester-Manager, dafür bewunderter ÖFB-Teamchef, dem Wunderdinge nachgesagt werden, auch wenn echte Wunder bisher ausgeblieben sind, das ist nicht Fake, sondern Fakt. Wie die Tatsache, dass R. R. vor Old Trafford am Steuer der Fußball-Lokomotive Moskau saß. Aber darüber wird nicht (mehr) geredet. So ausgeschlossen wie Russland.
Da bekanntlich aus Nichts nichts wird, hat Rangnick natürlich auch seine Meriten. Vor allem bei und mit den Bullen in Leipzig und Salzburg. Aber als Mann vieler Eigenschaften ist er auch ein Verkaufsgenie, das mich an den legendären, witzigen, erfolgreichen Bela-Bacsi Gutmann erinnert, übrigens kurzfristig (in den 60er-Jahren mit Joschi Walter unser (Erfolgs-) Teamchef. Zu einem Verkaufsgenie gehören immer zwei. Einer, der etwas/sich anbietet und verkauft, und der andere, der ihm aus der Hand frisst.
Ein Musterbeispiel dafür konnte man am Montagabend im bulligen Servus-TV erleben, das ja ein Nahverhältnis zum ehemaligen RB-Trainer/Sportchef besitzt. Moderator Baier rollte quasi schon den roten Teppich für den Teamchef aus, als wäre wir bereits bei der WM 26, obschon die ersten Quali-Spiele alles andere denn berauschend waren, vor allem nicht die zweite, inferiore Hälfte beim FIFA-Letzten San Marino. Was aber nichts mit dem Horror-Attentat am gleichen Tag in Graz zu tun gehabt haben kann, sonst hätte das Team nicht vom Anpfiff weg Vollgas mit harter Attacke gegeben, um bei der Wahrheit zu bleiben und keine Verbeugung zu machen.
Zumindest für mich kam´s nicht überraschend, dass Rangnick ein Plädoyer für den von Inter abgeschobenen „Arnie“ Arnautovic und den rekonvaleszenten, wieder verletzten David Alaba hielt, obschon beide zuletzt auf höchster Ebene weder einsatz- noch konkurremzfähig waren, aber für uns laut Teamchef immer noch unverzichtbare Lokomotiven wären. Und zugleich beklagte Rangnick, dass der Nachwuchs keine Torjäger produziere, weshalb er mit Mitstreitern jetzt Nachwuchs-Camps mit Fußballkindern, Ex-Teamspielern und ihm als Teamchef organisiere, um die Lücke zu schließen.
Absolut lobenswert, meine Damen, meine Herren, aber nichts Neues, denn der legendäre, leider nicht vom Spielglück verwöhnte, längst verstorbene Teamchef Leopold Stastny hat schon in den 70er-Jahren mit dem leider auch schon verstorbenen PR-Genie Hermann Michelitsch die bundesweite Schülerliga auf die Beine gestellt, die nur den Haken hatte, dass 12jährige und noch jüngere Knirpse (wegen Bandenwerbung fürs TV) auf dem großen Feld spielen und allzu oft/viel stolpern mussten.
Das Grundkonzept also war schon seit einem halen Jahrhundert da und hätte nur darauf gewartet, modernisiert, adaptiert und optimiert zu werden. Es wurde aber so schubladisiert wie das Nationalstadion, das für Rangnick immer noch ein Thema ist, obschon es die exorbitanten Staatsschulden eher zur utopischen Vision machen. Dagegen ist die WM-Qualifikation gegen Rumänien, Bosnien, Zypern und San Marino ein Kinderspiel und kein Kunststück, wenn man die vergleichsweise doch bescheidene Qualität dieser Gegner objektiv betrachtet. Da hat uns der Fußballgott gelächelt, um auch da bei der Wahrheit zu bleiben …

