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Rückkehr der nicht ganz so Crazy Canucks und was wir von einstigen Schülern lernen können

Als Stefan Babinsky mit der Nr. 2 dem „Wengen-Podestler“ Stefan Rogentin als Testpilot um die Ohren gefahren war, schlug das Herz der ORF-Kommentatoren-Zwillinge schon so hoch, dass sie vermeinten, er hätte selbst den Stars ganz schön viel vorgelegt. Da aber Irren selbst bei Experten durchaus menschlich ist, war erstens die Babinsky-Vorlage nicht ganz so steil wie erhofft und gedacht, zweitens weder Überdrüber-Odermatt noch Neo-Darling Franjo von Allmen schnell genug, um zum Gradmesser auf der legendären Streif zu werden.

Fast wäre das deren Teamkollegen gelungen, dem Bormio-Sieger Monney, der beim Slowenen Miha Hrobat noch kurz aufatmen hatte dürfen, ehe alles anders kam mit dem historischen Comeback der Crazy Canucks, die vor mehr als 40 Jahren mit ihrer risikofreudigen, oft an den besten Kaiser Franz erinnernden Fahrweise die Abfahrtspisten der Welt dominiert hatten. Mit einem Steve Podborsky, mit dem späteren Skiverbandspräsidenten Ken Read, der im Zielraum seinem Sohn zuschaute, und jenem Todd Brooker, als vermeintlicher Gleiter abgestempelt, der diese vorgefassten Meinungen aber mit dem siegreichen Streif-Zug anno 1983 endgültig als Vorurteil entlarvte.

Und Hand aufs Herz, wäre hätte erwartet, dass James Crawford in Kitzbühel triumphieren und sein Teamkollege Cameron Alexander als Dritter ebenfalls aufs Podest fahren und damit das Rad der Zeit um gut vier Jahrzehnte zurückdrehen würde? Angesichts der (n) eidgenössischen Dominanz und anderer Herausforderer, die schon in Kitz gewonnen hatten wie Dominik Paris, schien das kanadische Duo eher ein Tipp, der buchstäblich geheim geblieben war. Und das, obschon es sich beim vermeintlichen Sensations-Sieger um einen regierenden Weltmeister handelt, nicht in der Abfahrt, aber in einem speedy Super G. Und beide waren zudem in beiden Trainingsfahrten in Kitz stets unter die Top 10 gefahren. Invisible Men …

Beide Kanadier waren und sind also, was Angloamerikaner als „proven products“ bezeichnen. Männer in ihrem besten Rennsportalter, die so nebenbei auch von weltmeisterlichen Expertisen profitiert haben. Jawohl, ausnahmsweise nicht von exportierten Österreichern wie dem früheren Wacker-Innsbruck-Kicker und späteren Kanada-Alpinchef Max Gartner, verheiratet mit der kanadischen Abfahrtsolympiasiegerin 1992, Kerrin Lee, sondern hausgemachten Champions. Erik Guay, Abfahrtsweltmeister 2011 in Garmisch, findet man unter den Direktoren im Board of Directors. Und John Kucera, sein  Vorgänger als Abfahrts-Weltmeister 2009 in Val d´Isere, hat  sich als Alpinchef mit seiner Erfahrung so erfolgreich eingebracht, dass es zuletzt zweimal WM-Gold in Courchevel-Meribel gegeben hat (Crawford, St.-Germain, Damen-Slalom).

Wir, die inzwischen nicht mehr stolze, sondern gebeutelte Ski-Alpinnation, die Jahrzehnte lang als Trendsetter der Technik gegolten und immer noch glaubt, die G´scheitheit mit dem Löffel gefressen zu haben, kann und muss mittlerweile zu den Schülern von gestern und vorgestern schauen, um zu sehen, was wir neben Wehklagen über (diskutables) Verletzungspech und (diskutable) Mentalblockaden womöglich alles verpasst haben und deshalb auch programmatisch falsch machen. Um ehrlich zu sein, so vermisse ich bei den Alpinen jene Erfolgsstruktur, wie sie die aktuellen Schanzenkönige mit ihrem Trainerteam zu ihrem Vorteil umgemünzt haben.

Nichts gegen die aktuellen Chefs Pfeifer (gute Besserung nach Gallen-OP) und Assingers jüngerem Bruder, einem ehedem passablen Abfahrer – aber ein bisschen mehr an (auch akademisch) geschulten Pragmatikern und/oder erfolgreichen Ex-Rennläufern könnte uns nicht schaden, sondern vielleicht sogar so  gut stehen wie den Seriensiegern und Weitenjägern. Auch die richtige Mischung kann (Welt) Meister machen, ohne dass man so crazy sein muss wie die einstigen Canucks, die von ihrem Ski-Wesen ganz andere Nachfolger-Typen gefunden haben. So ändern sich halt die Zeiten…

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