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Sex sells immer noch im Sport oder: Vom Mittelmaß zum Augenschmaus

Wer mich gut genug kennt, der wird mir kaum den Vorwurf machen können, besonders prüde zu sein. Ich gehöre fürwahr nicht zu jenen, die Wasser predigen, aber Wein trinken. Ganz im Gegenteil hab´ ich schon in diversen „Presse“-Magazin-Zeiten bei „Foto-Strecken“ darauf geachtet, besonders attraktive, aber auch erfolgreiche SportlerInnen besonders gut in Szene und Pose zu setzen, Gegen das US-Import-Motto: Sex Sells ist ja prinzipiell nichts einzuwenden, solange handelnde Personen, behandelte Themen, errungene Erfolge, erreichte Zeiten und natürlich auch fotografische Motive sich in einem vernünftigen Rahmen bewegen.

Soll von mir aus auch okay sein, wenn sich Frau Vonn, die Sexy-Lindsey in Ski-Pension, immer wieder wie in jüngeren Tagen in Positur wirft, mittlerweile ohne Tiger, aber mit neuem Hündchen. Sie war ja eine fixe Größe, die auch gewusst hat, wie man sich selbst und gegenüber den Medien inszeniert – sogar mit dem Schminktascherl, also einem kleinen Beauty-Case, im Skigepäck, deponiert im Ziel-Zelt. Und wenn von sich aus oder animiert von PR-Strategen unsere Gold-Anna Veith erst in ihrem Mutterglück den Hang und Drang verspürt hat, ihren schönen Körper mit entschwundenem Babybauch von vorgestern in Bikinis und Dessous zu präsentieren, dann ist es ihr verdammt gutes Recht, immer noch Kapital aus einer unglaublichen Story voller Triumphe, aber auch Tränen zu schlagen.

Golden Girls als Dancing Queens, Bademoden-Testimonial oder Bikini-Model und Hundenärrin: Görgl, Veith, Vonn.

Und das gilt in abgewandelter Form, ob tanzend, ob singend, ob klingend oder chillend, auch für eine Lizz Görgl, Michaela Kirchgasser und andere, die WeltmeisterInnen waren, also Golden Girls auch mit goldenen Knie-, aber auch echten Kehlchen. Der Mensch hat ja nicht immer nur eines, sondern mitunter sogar viele verborgene Talente. Wenn also echte Stars sich auch in der Karriere nach der Karriere wie auch immer verkaufen und vermarkten, so ist das verständlich und legitim. Dahinter stehen unbestrittene Erfolge, populäre Figuren und bekannte Namen, die es verdienen, dass sie auch danach noch verdienen. 

Immer öfter aber werden wir damit verwöhnt (oder verhöhnt), dass uns unerfüllte Hoffnungen, deren Karrieren schon in größeren Kinderschuhen endeten, in neuer, noch hoffnungsvollerer Model-Gestalt unterjubelt oder – die Optik passt ja – aufs Aug drückt. Was habe ich da jüngst gelesen: Mit Linda Hiller aus Schwarzenberg im Bregenzer Wald macht eines der größten heimischen Skitalente jetzt eine tolle Model-Karriere! Linda, wer? Hab´ ich die womöglich übersehen in meiner (noch lange nicht) Blindheit? Nein, nein, Linda musste wegen Bandscheibenproblemen schon als Teenager das Handtuch werfen, bevor sie richtig ins Fahren gekommen wäre oder gar mehr als ein kleineres FIS-Rennen gewonnen hätte. Aber vor der Kamera, da musste sie keinen Rücken krümmen, da konnte sie für eine gute (Leukämie)-Sache und inzwischen für die eigene Tasche possierliche Figur machen. Frei nach dem einstigen Musical-Hit: Wie man was wird im Leben, ohne sich anzustrengen!

Fotogener als schnell: Alica Schmidt (l). Laufsteg statt Piste: Linda Hiller.  Highlight ohne Höhenrausch: Stokke.

Ja, Fräulein Hiller ist ja weder hierzulande noch auswärts ein Einzelfall. Nach dem eingangs erwähnten Motto, dass Sex halt trotz feministischer oder Me-too-Trends immer noch sellt, haben sich andere Sportlerinnen in oder ohne Schale so präsentiert, dass sie es nicht nur in die sozialen Medien geschafft haben. Etwa Alica Schmidt, eine blonde, fotogene deutsche 400m-Läuferin, die als Golddukaten und Buchautorin werbeträchtig herumgereicht wird, deren Bestzeit von 52,60 Sekunden allerdings um zwei Sekunden schlechter ist als der heimische Rekord (50,62) aus den mittleren 70er-Jahren von einer gewissen Kärntnerin namens Karoline Käfer, die früh Mutter, aber alles, nur kein Model gewesen war. 

Und da gibt´s in den USA eine gewisse Frau Allison Stokke, von der man annehmen könnte, sie wäre das Nonplusultra im Stabhochsprung, aber die sportliche Messlatte bei ihr lag nicht nur unter jener der nach einem Trainingsunfall im Rollstuhl gelandeten Tirolerin Kira Grünberg, sondern mit 4,27 sogar unter der der Ex-Rekordlerin Doris Auer. Immerhin hat es Frau Allison aber geschafft, sich mit Ricky Fowler einen wirklich anerkannten Top-Golfer als Ehegespons zu angeln!

Nichtsdestotrotz sei gesagt: Augenschmaus ist eine tatsächlich schöne Sache, aber unteres oder total unausgereiftes Mittelmaß an Talent oder Klasse einfach PR-tauglich durch ein Höchstmaß an Blickfang zu ersetzen, das wird ehrlichen Spitzenleistungen anderer nicht gerecht. Mittlerweile aber scheint es zu einem neuen medialen „Sport“ zu zählen, aus einem kleinen X ein großes U und der Recherche kurzen Prozess zu machen. Eine in der Tat buchstäblich schöne Bescherung.

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