Weil in erster Linie auf Pisten und Schanzen, aber auch anderswo da und dort im Laufe der Jahrzehnte von einer Serie großer Stars viele Titel und Medaillen gewonnen wurden, stellt sich Österreich gerne als Sportnation dar. Ja, wär´s nur der Fall, dann wäre Rotweißrot auch stolz auf viele in die Jahre gekommene Trendsetter und Pioniere in verschiedensten Sportarten, deren Namen für die jüngeren Semester und die junge Generation so gut wie keinen Klang mehr haben, geschweige denn irgendwelche Assoziationen auslösen.
Ich gehe deshalb auf dieses Thema ein, weil ich meine, dass zum (nationalen) Sport auch Geschichtsbewusstsein gehört, wer wann wo wieso und womit in die sportlichen Annalen eingegangen ist. Was das betrifft, kann sich Österreich bei allen Sportnachbarn, ob Deutschland, Ungarn, Schweiz, Tschechien, Slowakei oder Slowenien eine Scheibe abschneiden, da werden Stars von gestern bis vorvorgestern immer wieder und nicht nur bei goldenen oder gar eisernen Jubiläen aus der Versenkung geholt, um an ihre Pioniertaten zu erinnern. Hierzulande allerdings regiert im Sport – und zwar im totalen Kontrast zu Kunst und Kultur, das sei angefügt – eher das geflügelte Wort: Aus den Augen, aus dem Sinn.
Wer weiß, ob selbst ein Thomas Muster als bahnbrechender erster Grand-Slam-Turniersieger nicht in Vergessenheit geraten oder gar mit dem im Fernsehen stets präsenten Alexander Antonitsch verwechselt worden wäre, hätte er sich nicht als Mittvierziger zu einem Comeback entschlossen. Zu einem zweijährigen Intermezzo, bei dem er in Wien zwar keine Klingen kreuzte, sich aber einen Schlagabtausch mit Dominic Thiem lieferte. Ein Generationenduell als Ticketseller und Publikumsknüller, der damals an die 9000 Fans in die Stadthalle lockte.
Die Tennis-Dame, die ich mit diesem Blog in Erinnerung rufen will, kann sich an Turniersiegen natürlich nicht mit einem Muster messen, schließlich war sie in ihren besten Tennisjahren ja ein doch nur talentierter Amateur. Die Rede ist von der Wienerin Sonja Pachta, die am 25. April ihren 80. Geburtstag feiert – und fast ein Viertel ihrer Lebenszeit, nämlich ganze 19 Jahre, als Abonnementmeisterin für heimische Gegnerinnen eine unüberwindbare Hürde war, exakt von 1956 bis 1975! Jawohl, 19 lange Jahre also war das süße Wiener Mädel die unantastbare Nummer 1, eine halbe Ewigkeit im Sport – mit Damen-, Mixed- und Klubdoppel sammelte sie 52 nationale Meistertitel.
Sie verschaffte sich auch international nicht nur Respekt, sondern erwarb sich auch einen guten Ruf, schrieb sie doch heimische Nachkriegsgeschichte, als sie etwa im Einzel das Achtelfinale, mit Peter Pokorny aber sogar das Mixed-Viertelfinale in Wimbledon als eines der Highlights ihrer langen Karriere erreichte. Auch Profi-Pionier Hans Kary streut ihr als Mixed-Partner heute noch Rosen. Und mit 80 Rosen stellte sich der ein Jahr jüngere Ex-Daviscup-Spieler Georg Pazderka zum Geburtstag ein. In abgewandelter Sprichwort-Form: Auch alte Freundschaft muss nicht rosten.
Müßig zu fragen, was aus Sonja Pachta geworden wäre, hätte sie erst in jener (weit professionelleren) Zeit des Damentennis beginnen können, zu der sie dann aufgehört als Mittdreißigerin hat. Jedenfalls verzeichnete der blonde Darling damals Erfolge, von denen die aktuellen heimischen Top-Profidamen nur träumen können. Darum denke ich, dass man sich Pachtas zum 80er als eine der wichtigsten Pionierfiguren im heimischen Damentennis erinnern sollte. Gerade deshalb, weil so gut wie niemand aus der jungen und jüngsten Garde an Tennisfans mit ihrem Namen etwas anfangen kann. Was hiermit zumindest zu ändern versucht wird…