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Thiem zwischen echten Pleiten, falschen Hoffnungen und unendlichem Testimonial-Tam-Tam

Irren ist menschlich, so heißt es. Es kann aber auch unmenschlich sein! Als der Argentinier Pedro Cachin nach dem Break zum 6:5 im 3. Satz gegen Dominic Thiem aufs Match serviert, aber das Rebreak kassiert, diesen Satz und auch den vierten verloren hatte, hätte ich alles auf den ehemaligen US-Open-Sieger und zweimaligen Paris-Finalisten gesetzt. Aber der immer noch bubenhaft wirkende Thiem ist nicht mehr, was er war und so, wie ihm das Kommando wieder entglitt, als er das Match gedreht zu haben schien, wird er es auch kaum wieder werden.

Statt das Momentum zu nützen, statt den schon vor der Handverletzung hereingebrochenen Paris-Fluch wieder zu verjagen, holten Thiem die bösesten Tennis-Geister wieder ein. Kaum Oberhand bekommen, schon war er im  fünften Satz wieder unten durch und zum fünften Mal in Folge draußen bei einem Grand Slam, notabene bei jenem, der ihm vordem stets am liebsten gewesen war. Was höre und lese ich? Aufholjagd blieb unbelohnt! Ganz so, als wäre er von höherer Gewalt gestoppt worden und hätte sich nicht selbst ins Aus befördert. Verzerrte Sicht- und Schtreibweisen!

Just da nämlich, da man oder auch ich gewettet hätte, dass er den längeren Atem haben und sich damit, frei nach Thiem, die Opfer auszahlen würden, die er mit dem Brutalo-Training unter dem neuen Coach Benjamin Ebrahimzadeh gebracht habe, ging´s nicht den Bach, aber die Seine runter, so schnell konnte man gar nicht schauen. Genau ein Jahr und zwei Monate nach dem verlorenen Zweisatz-Comeback gegen eben diesen Pedro Cachin, damals noch ein Unbekannter, inzwischen allerdings Top 70, ist unser zweiter Grand-Slam-Sieger nach Thomas Muster wieder dort angelangt, wo er bei seiner Rückkehr nach der langwierigen Handverletzung beim Marbella-Challenger 2022 gewesen war. 

Hin und wieder blitzt alte Klasse auf, aber noch öfter gleicht Thiem mit verschossenen (Vorhand)-Bällen und verjuxten Chancen der Karikatur eines US-Open-Siegers und Ex-Weltranglistendritten. Die Frage: Einst großer, jetzt kleiner Mann, was nun? hat er schon beantwortet, indem er statt der unerfüllten Paris-Hoffnungen jetzt zwei Challenger-Turniere spielt, bei denen auch andere Enttäuschte dabei sind, er also auch beim Motto: Back to the Roots, auf der Hut sein muss. Und noch mehr, wenn er als Rasenmuffel in Halle und in Wimbledon gegen Ausrutscher kämpft… 

Wobei ich da einen Schritt weitergehe, wenn ich meine, dass das von fast allen Medien übertriebene Immer-noch-oder-schon-wieder-Thiem-Tam-Tam, speziell von jenen, die ihn als Galionsfigur unter Vertrag haben, dem guten Dominic nichts nützt, sondern langsam, aber sicher schadet. Erst recht, wenn er statt neuen sportlichen Durchblicks mit einer eigenen, angeblich nachhaltigen Sonnenbrillenmarke den ganz speziellen Thiem-View propagiert, zu dem legendären Kabarettisten wie Qualtinger und Co angesichts der Misserfolgsserie zwangsweise der Titel: Ganz a dickes Glasl vorm Aug´ eingefallen wäre.

Aber nichtsdestotrotz wird Mauthausen-Flop hier, Paris-Pleite dort, von Turnierdirektoren als Verkaufskünstler oder willfährigen, vertraglich verpflichteten Erfüllungsgehilfen der Star von vorgestern als immer noch aktueller Lokalmatador und Ticketseller in unverbrüchlicher Nibelungentreue nicht nur in die Kitzbühel- und andere Heimat-Auslagen gestellt, sondern weiter hochgejubelt, als wäre die Zeit stehengeblieben und nicht über ihn vorüber gegangen.

Fürs Konto mag´s hilfreich sein, sportlich hingegen dreht sich die Abwärtsspirale trotz zu später Einsichten und verspäteten Trainer- und sonstiger Wechsel im Thiem-Team weiter. Selbst dann, wenn man sich fast sicher ist, dass er ein fast schon verlorenes Match gegen Pedro Cachin umdrehen würde. Konjunktiv wie fast alles, was über ihn gesagt, geschrieben, kommentiert wird. Irren kann in der unendlichen Thiem-Saga leider auch unmenschlich sein…

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