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Über Thiem und Schwärzler oder: Kopf und Körper, Klasse und Kasse

Dem jungen Italiener Luca Nardi war er in Antwerpen noch von der Schaufel gesprungen, gegen Yannick Hanfmann lief´s im Achtelfinale dann umgekehrt für Dominic Thiem.  Während der Niederösterreicher nur drei von 15 Breakbällen nützte, verzeichnete der Deutsche bei einem Bruchteil davon mit drei verwandelten von drei gebotenen Chancen eine 100-prozentige Ausbeute. Andersrum gesagt machte Hanfmann die Big Points, auf die es im Tennis mit der speziellen Zählweise eben ankommt. Da hilft´s auch nichts, dass Thiem in dem knapp dreistündigen Duell insgesamt sechs Punkte mehr gemacht hat.

Nicht nur, aber auch Kopfsache, wenn sie mich fragen, was vielleicht auch damit zu tun hatte, dass Thiem schon einmal gegen diesen Yannick Hanfmann verloren hat – vor mehr als einem Jahr in Kitzbühel! Und man spricht im Tennis auch nicht von ungefähr von einem Schlagabtausch, also einer ähnlichen Wortwahl wie beim Boxen im Ring-Viereck. Es ist in der Tat die sublimierte Form des Faustkampfs, in dem fintiert, taktiert und Lücken gesucht werden, um den Gegner an -und auszuknocken.

Oder wie das der einstige Weltmeister und Ali-Bezwinger vor dem ersten Kampf des Jahrhunderts buchstäblich treffend formuliert hat: „Hit the body and the head will die – hau auf den Körper, dann stirbt der Schädel!“ Ich kann´s aus der Distanz nicht beurteilen, aber gut möglich, dass Thiem von den Beinen aufwärts nach Verletzungsproblemen und Motivationsdefiziten halt doch noch immer nicht der alte ist, der selbst den Größten unter den Großen den Kampf angesagt und manchmal auch gewonnen hat…

Das ist nur (m) eine ganz persönliche Bestandsaufnahme vor dem Erste Bank Open 500, das so hervorragend besetzt ist, dass Hanfmänner höchstens über die Qualifikation ins Hauptfeld kommen können. Was auch bedeutet, dass auf Thiem oder auch Sebastian Ofner, im ATP-Ranking noch vor Hanfmann, absolute Topspieler zukommen, es sei denn, ein Glückslos (Samstag, Heumarkt-Dependance 10h) lässt sie auf einen vermeintlich schwächeren Qualifikanten oder gar aufeinandertreffen. Ob Publikum im Rücken in einer Karrierephase wie jener von Thiem hilfreich ist oder gar noch mehr mentalen Druck erzeugt, wird sich erst zeigen, wenn er und Ofner im Einsatz sind.

Während also der ehemalige US-Open-Sieger und mehrmalige Grand-Slam-Finalist eine Achterbahn erlebt, darf Tennis-Österreich hoffen, dass es schon bald einen Nachfolger von Wien-Turnierbotschafter Thomas Muster und von Thiem gibt. Der Vorarlberger Ex-Jugendeuropameister Josef Joel Schwärzler hat beim Junioren-Tour-Finale in Chengdu, China, im dritten Gruppenspiel in drei Sätzen gegen den Italiener Cina seinen zweiten Sieg errungen. Damit erreichte der zuletzt in Tokio und Chengdu von ÖTV-Sportdirektor Jürgen Melzer persönlich betreute, mit 1,91m auch über Gardemaß verfügende 17-jährige Vorarlberger das Semifinale, in dem er auf einen Bulgaren trifft.

Was an Schwärzler über die seit Thiem-Zeiten größten Jugend-Erfolge hinaus auch für die Zukunft viel verspricht, sind seine selbstkritischen Anmerkungen, dass er nicht immer spielt, was er kann. Das spricht für ihn und seinen Ehrgeiz, der viel wichtiger ist als jeder finanzielle Anreiz. Die Besten der Besten wissen ganz genau, dass erst die Klasse und dann erst die Kasse kommt. Alles andere ist nur Schlagzeilen-trächtige Verfälschung…

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