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Volles Risiko statt voller Hose: Anna, das Doppelgold hamma

Ja, was soll man dazu sagen? Eigentlich bleibt einem da der Mund offen, mit welch Leichtigkeit des Seins die 30jährige Kärntnerin Anna Gasser den Mehrfachsalto in den Olymp schlug. Einfach so, als wär´s die einfachste Sache der Welt, verwandelte sich die bildhübsche, attraktive Anna mit einem Trick, den sie vordem noch nie einem Wettkampf gezeigt hatte, in eine Big-Air-Doppel-Olympiasiegerin auf dem Snowboard. Und das, obschon es für sie in dieser Saison mehr Enttäuschungen als Siege gegeben hatte, obschon sie durch den Knöchelbruch, den ihr Herzblatt Clemens Millauer im Peking-Training erlitten hatte, auch kurzfristig aus einer optimalen Vorbereitung gerissen worden war.

Aber in sogenannten Grenzsituationen wie dieser hat sich gezeigt, welch Last es von den Schultern nimmt, wenn man schon einmal Gold gewonnen und Silber vor dem finalen Versuch schon in der Tasche hat. Volles Risiko statt voller Hose! Nichts mehr zu verlieren, aber alles zu gewinnen! Eine Devise, mit der Anna Gasser die bis dahin führende Neuseeländerin Zoi Sadowski-Synott derart unter Druck setzte, dass diese ebendiesen im wahrsten Sinn des Wortes bei der verpatzten Landung nicht mehr standhalten konnte.

Und so wurde aus Anna – da Englisch ja Umgangssprache und Fachjargon der Freestyler ist, sei´s gestattet – doch noch eine Back-to-Back-Olympionikin und damit auch eine Big-Air-Legende, die wohl bald in einem Atemzug mit einem Shaun White, dem US-amerikanischen Mister Freestyle himself, genannt wird. Aus der enttäuschten Slopestyle-Goldenen Zoi aber wurde im Handumdrehen, Pardon: im Umfallen, eine verhinderte Doppelolympiasiegerin von Peking in der Arena neben Fabriksschloten, die nicht mehr rauchen. Ein ebenso seltsames wie pittoreskes Bild von fast futuristischen Winterspielen. Inzwischen aber gibt´s ja sogar echten Winter- und nicht nur Kunstschnee …

Kehrseite von Anna Gassers zweitem Gold war die schlimmste Abfahrtspleite der ÖSV-Damen seit 24 Jahren.

Mit Anna Gasser, ihrem Clemens Millauer (mit Gipsbein), den ÖSV-, ÖOC-Betreuern und Sportkollegen durfte auch Kärnten wieder jubeln, das ja mit Mattias Mayer (Gold, Bronze) sogar schon einen Triple-Olympiasieger und Bronzemedaillengewinner, eine versilberte Daniela Ulbing (Snowboard-Parallel-RTL) und zwei Blech-Marien (Katharina Truppe, RTL/Vanessa Herzog, Wahlkärntnerin, Eisschnelllaufsprint) zum rotweißroten Triumphzug im Reich der Mitte beigesteuert hat. Das Sommerparadies kann sich auch mit Wintermärchen brüsten, die von Kaiser Klammer über Mozart Strobl bis zum Mothl reichen, für den wie immer bei Olymoia alles Mayer war …  

Den Skiverband aber sollte, nein: muss am Tag des vollendeten Gasser-Doppelpacks in der Brettl-Akrobatik zum Nachdenken anregen, dass seine Alpin-Damen in der klassischen Abfahrt wieder eine auf den Deckel bekommen haben. Und das, obschon ein sowohl erfahrenes als auch, siehe versilberte Mirjam Puchner, mental gestärktes Quartett ins Rennen gegangen war. Von lauter neuen Annas, die der Damen-Cheftrainer bei seinem Amtsantritt vor drei Jahren schwärmerisch versprochen hatte, gibt’s keine Spur. Eher kann man sagen, dass vom damaligen, trotz manch WM-Blechtrommeln im Aufwärtstrend befindlichen Team nur noch dann und wann mit altbekannten Namen a la Liensberger, Truppe, Siebenhofer, Tippler und Co quasi Spurenreste zu sehen und in Resultaten zu finden sind.

Gut möglich, dass Anna Gasser auch das Glück der Tüchtigen hatte, dass sie mehr oder weniger ein Solo zu dritt mit Freund Clemens und dem deutschen Trainer Cinca absolvieren hat können, gewissermaßen in einer Freestyle-Blase, zu der manch andere Bosse, Capos oder Direktoren im ÖSV-Apparat kaum oder gar keinen Zugang haben. Monetär hat der Verband zwar den Teppich ausgerollt, die trickreichen Salti zur zweiten Goldenen aber musste schon Frau Gasser selbst schlagen. Alle aber können in den Chor einstimmen, der da lautet: Zum Glück hamma die Anna! Solche Wiederholungstäter(innen) sind mehr als willkommen… 

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