Es sind aktuelle Sensationen oder Ankündigungen, die dazu anregen, sich wieder mit Tennis zu beschäftigen. Zum einen national, worauf wir später kommen. Zum anderen international, wo im fernen kalifornischen Wüstenturnier von Indian Wells, Palm Springs, ein Italiener für sportlich weltweites Aufsehen sorgte. Luca Nardi, ein 20-jähriges Bubengesicht aus der adriatischen Strandstadt Pesaro, entpuppte sich in der Tat als Lucky Loser, der es schaffte, den allerdings schlappen Weltranglistenersten, Melbourne-Finalisten und 24fachen Grand-Slam-Sieger Novak Djokovic in drei Sätzen zu eliminieren. Ja, wer hätte je denken oder gar erwarten können, dass die Nummer 123 der Welt der Nummer 1 ein Bein stellen könnte, jener Lucas Nardi, der sogar dem kriselnden Dominic Thiem im Herbst in Antwerpen unterlegen war.
Bevor wir auf Thiem zu sprechen kommen, sei gestattet, die auf den ersten Blick sensationelle Niederlage des erfolgreichsten Tennisspielers aller Zeiten zu erklären und etwas zu relativieren. Auf Djokovic scheint nämlich das Sprichwort zuzutreffen, dass rostet, wer rastet. Was allerdings nur gilt, was Turniertennis und spielerisches Tenniselement anbelangt. Wie im Vorjahr, als der „Djoker“ als Impfmuffel um diese Jahreszeit noch nicht in den USA einreisen und spielen dürfte, so legte der nicht allerorts geliebte serbische Fitness-Guru nach den Australian Open dafür einen wochenlangen harten Trainingsblock ein, um eine solide Basis für die Saison-Großevents zu schaffen.
Harte Konditionsarbeit hinterlässt aber natürlich ihre Spuren in Form fehlender Spritzigkeit, aber auch mangelhafter Reaktionsschnelligkeit, die erst wieder aus verhärteten Muskeln geschüttelt werden müssen. Das sind alte Trainingsweisheiten. Nicht nur bei und für Djokovic, der ja als fast 37Jähriger nicht jünger wird, der aber auch schon im Vorjahrs-Countdown zum French-Open- und den zwei weiteren Grand-Slam-und ATP-Final-Triumphen empfindliche, vorzeitige Niederlagen einstecken musste: Achtelfinale Monte Carlo (1 Sieg/1 Niederlage), Viertelfinale Banja Luka (1:1), Viertelfinale Rom (vor Paris, 3:1). Andersrum: Nichts Neues im Westen, obwohl´s Schlagzeilen liefert, wenn ein Nobody-Bubi die Nr. 1 schlägt.
Wie gesagt einer, der vor ein paar Monaten von Dominic Thiem in einem Duell auf Augenhöhe besiegt worden war. Auf ähnliche Headlines nicht nur in den USA, die Luca Nardi aktuell zumindest auf Sportseiten gehören, kann unser ehemaliger US-Open-Sieger an der Nebenfront in Szekesfehervar, zu Deutsch Stuhlweißenburg südlich von Budapest, kaum hoffen. Immerhin hat er die Herausforderung angenommen, bei Challenger-Turnieren um ein Comeback zu kämpfen, das ihn wieder näher dorthin befördert, wo er als Langzeit-Top10-Größe war. Thiem versucht es sozusagen mit vereinten Kräften mit einem Touring-Coach, der noch neuer ist als der neue, der erst vor kurzem als Ass aus dem Ärmel gezogen wurde.
Wie Moritz, der jüngere Manager-Bruder von Dominic, via (offenbar sprachlos-paralysierter) Medien verriet, wird der hierzulande unbekannte Lette Karlis Lejnieks (Foto/Daviscup-Captain, NOK-General, Intimus von Ernests Gulbis, dem Thiem-Freund aus gemeinsamen Bresnik-Tagen) als Betreuer beim ungarischen Challenger die Probe aufs Exempel machen können/müssen, ob er der richtige Mann am richtigen Platz ist.
Was mit jenem ehemaligen Coric-Coach Mate Delic geschehen ist, der vor kurzem groß als neuer Wunderwuzzi angekündigt worden war, aber jetzt nicht einmal mehr mit einem Wörtchen erwähnt wird, entzieht sich meiner Kenntnis. Interessant jedenfalls, dass er schon Vergangenheit ist, bevor er Zukunft hätte haben können. Aber solche Quizfragen sind ja, seit es einen Topmanager wie Moritz im Thiem-Team gibt, nicht mehr zugelassen.