Allgemein

Vom heimischen Titel-Rekordler und der Verwechslung von Masse mit Klasse

Ich bin mir dessen bewusst, dass ich mir mit diesem Blog keine neuen Freunde machen kann, vor allem nicht in einem Teil der Leichtathletikszene. Ich bin aber auch auf die latente Gefahr, als ewiger Nörgler und Negativist hingestellt zu werden. trotzdem überzeugt davon, dass man übertriebene bis irreführende Schlagzeilen ins rechte Lot bringen soll. Natürlich knallt´s so richtig, wenn man hört oder liest, dass der vom Mittelstreckler zum (Halb) Marathonmann mutierte, inzwischen 35jährige Nimmersatt Andreas Vojta als Titel-sammler jetzt neuer Solo-Rekordler ist, der mit seinem österreichischen Meisterstück Nummer 51 den oft glücklosen, sturzgeplagten, aber international doch weit besseren Günther Weidlinger (50) übertroffen und abgelöst hat. 

Das ist natürlich für den Rekordler persönlich eine tolle Sache, die sich womöglich auch in Fördergeldern für seinen Verein und vielleicht auch Sponsoren-Zuschüssen ad personal niederschlägt, darüber muss man gar nicht diskutieren. Diskutabel hingegen finde ich zumindest, was solch eine plakative, griffige Bestmarke wie ein Rekord an ÖLV-Titeln sportlich wert ist. Ja, es ist zumindest für mich bei allem Respekt, welch Aufwand und Einsatz dahinterstecken, auch und nicht zuletzt eine Frage der Perspektive. Oder salopper formuliert: Wer mit Hausmannskost seinen Erfolgshunger stillt, der mag sogar begeistert sein, wie es der auch medial bestens versorgte Vojta geschafft hat, von Junioren- bis zum frühen Masters-Alter auf unterschiedlichen Strecken hierzulande ganz vorn zu laufen…

Wenn wir Österreicher uns aber an der Elite Europas messen wollen, ganz zu schweigen von den Weltbesten, dann relativiert die bescheidene internationale Ausbeute von Vojta natürlich den Rekord, den der gute Mann aus Gerasdorf mit seinem Sieg in der Halbmarathon-Meisterschaft aufgestellt hat. Wenn ich mich nicht irre, dann war Vojta, 51 Titel hin oder her, bei der Halbmarathon-EM 2024 in Rom über Platz 42 nicht hinausgekommen. Und in eineinhalb Jahrzehnten blieb auch die Zahl an WM-, EM- und Olympia-Vorläufen, mehr als überschaubar, über den Daumen sind´s zwei.

Was die bombastische Titelzahl 51 betrifft, so gab´s in anderen (olympischen) Sportarten schon Diven und Granden, die noch mehr Meisterschaften auf ihr Konto brachten, aber auch auf höchsten Ebenen reüssieren konnten wie einst der vor kurzem verstorbene Paddler Pfaff, der Olympiafünfter und auch Weltmeister war. Oder, auch schwierig genug gegen die Ostblock-Phalanx, die ins Schauspiellager gewechselte Caro Weber, die es mehrmals in ein Finale und in Europa auch unter die Top 10 geschafft hat.

Nicht nur bei diesen beiden, sondern etlichen anderen im Vergleich zu Vojta erfolgreicheren heimischen Sportler: Innen, war die mediale Begleitmusik weit leiser bis schweigsamer. Und ohne jetzt eine gegen einen ausspielen zu wollen, möchte ich daran erinnern, dass am Tag, als die 51 fiel, eine junge österreichische Turnerin namens Leni Bohle einmal Zweite und zweimal Dritte beim Weltcup in einer der Welt- und Grund-Disziplinen wurde. Alles andere denn sportliche Hausmannskost. Wo aber, bitte vielmals, sind da Schlagzeilen geblieben? Eine noch so gute Lobby und noch so schöne Berichte können internationale Spitzenleistungen nicht ersetzen. Masse und Klasse sind zweierlei. Hierzulande wird auch aus regionalen Gründen und anderen Motiven das gern und leicht verwechselt, Darum sind wir abseits vom Winter und wenigen Ausnahmen dort, wo unsn Paris den Spiegel im klassischen Sport vorgehalten hat.

Zum Kommentieren hier klicken

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Meist gelesen

To Top

Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen ein angenehmeres Surfen zu ermöglichen