Welch ein Happy End in Adelboden! Nicht nur, dass da Manuel Feller bei einem nebulosen Rennen unter schwierigen Bedingungen seinen finalen Angriff mit seinem zweiten Slalom-Saisonsieg krönte. Mehr noch, mit Dominik Raschner kurvte in einem klassischen Slalom-Einzel ein als aktueller Team-Vizeweltmeister und ehemals Zweiter eines Parallelrennens in Zürs doch eher Unbekannter von Platz 16 noch als Dritter aufs Podest.
Wenn schon von parallel die Rede ist, so erinnert der Sprung von Raschner, der mit Nummer 35 ins Rennen gegangen war, an das märchenhafte Comeback des bereits ausgemusterten Johannes Strolz, der vor zwei Jahren auf dem Chuenisbergli-Hang gewonnen und danach – man hätt´s vordem für eine Peking-Ente gehalten! – mit zwei olympischen Gold- und einer Silbermedaillen sogar seinen Vater Hubert (Kombi-Gold, RTL-Silber) übertroffen hatte.
Ob mit diesem Dominik die neue Ski-Zukunft begonnen hat oder die Karriere des Innsbruckers erst anfängt, lässt sich schwer abschätzen oder gar prophezeien – auch und vor allem deshalb, weil es sich bei Raschner um alles, nur kein taufrisches Talent handelt, sondern einen Mann im 30. Lebensjahr, um eine weitere Strolz-Parallele zu bemühen, in etwa im gleichen Alter wie der Vorarlberger aus Lech in Adelboden anno 2022. Da die Heim-WM in Saalbach und die Winterspiele in Mailand noch auf sich warten lassen, ein kometenhafter Aufstieg in den Ski-Olymp also aktuell nicht möglich ist, so liegt´s jetzt an Raschner, sich zumindest in den Annalen der Slalomklassiker in Wengen, Kitzbühel und Schladming zu verewigen.
Kurzum, das ist die Herausforderung, die auf den Sohn des auch für den Skiverband tätigen Sportwissenschaftlers zukommt, die sich aber mit der heutigen Mut-Injektion und dem damit verbundenen Selbstvertrauens-Schub lockerer meistern lassen sollte, es sei denn, der Tiroler schlüpft in eine ähnliche Zwangsjacke, in der sein Adelboden-Vorgänger Strolz immer noch sein wenig steckt, obschon er zumindest einmal die fatale Ausfallsserie beendet hat.
Aber Raschner bei den Torlaufmännern hin oder bei den Slalom-Ladies eine Liensberger, Huber, Gallhuber oder Truppe her – wo sind die jungen Wilden, die so auftrumpfen wie die jungen, wenn auch oft zu ungestümen Norweger a la Steen Olsen oder McGrath, der eine oder andere Deutsche, wie einstige Exoten aus dem Strandparadies Kroatien, sogar aus Lettland oder wie der für Albanien fahrende 17-jährige italienische Teenager Lara Colturi, Tochter der Gold-Daniela Ceccarelli?
Von den vermeintlichen Nachfolger (inne)n hat es weder in Kranjska Gora noch in Adelboden eine oder einer geschafft, mit einer Talentprobe für Furore zu sorgen, geschweige denn ein 30er-Finale zu erreichen. Die bittere Erkenntnis aus diesen doch erschreckenden Resultaten im Nachwuchs ist die Tatsache, dass wir als ehemalige Skilehrmeister jetzt Lektionen bei den einstigen Schülern nehmen müssen. Darüber kann und darf der heutige Himmelsturm nicht hinwegtäuschen.
Vielmehr ist´s Zeit, die Ausbildungs- ebenso wie die Auswahlkriterien zu überdenken, die ganz offensichtlich bei den jungen Semestern auch mit teils falschem Personal in Sackgassen führen. Wer viel zu früh auf (FIS-)Punktejagd geht, ohne technisch, körperlich und mental gerüstet zu sein, zahlt dafür den Preis. Wie mit verpassten Finalqualifikationen der Jungen, die als Erben goldener Generationen nichts zu taugen scheinen …