Turnen

Von Höck, dem „Historiker“ des Turnens

Historisch! Ein ums andere Mal schafft es Vinzenz Johann Höck, 24-Jähriger Innsbrucker aus Graz, rotweißrote Turngeschichte zu schreiben. Er war einst der erste Österreicher, der (an den Ringen) Junioren-Europameister wurde. Er gewann im Vorjahr vor meiner Wenigkeit als Augenzeugen bei der Universiade in Neapel mit Silber an den Ringen die allererste, historische Medaille der Nachkriegszeit für Österreich bei einem Großereignis. Und da bekanntlich aller guten Dinge drei sind, legte Höck am Wochenende im ungarischen Szombathely an den Ringen, seinem Spezialgerät, mit dem allerersten Weltcup-Triumph für den heimischen Turnsport noch nach und eins drauf. Dabei gelang Vinzenz (Johann) auch die Revanche am Ukrainer Igor Radivilov, einem Ex-Europameister (2014) an diesem Gerät, der aber auch jede Menge an Medaillen aller Farben beim Sprung und auch mit der Nationalriege auf seinem Konto hat.

Und das gelang Höck alles im ersten Wettkampf dieses Jahres, in dem der Bachelor der Technischen Mathematik („Ich lerne für den Masters – in 1 ½ bis 2 Jahren sollt´s klappen!“) durch den Lockdown zumindest teil- und zeitweise auch im Training eingeschränkt gewesen war. „Aber als Heeressportler hab´ ich nach Ostern gleich wieder anfangen können“, bedankt er sich für diese Vorzugsbehandlung, die er sich durch seine Leistungssteigerungen und Erfolge allerdings selbst erarbeitet hat. Dreißig Prozent des harten Trainings unter seine tschechischen  Coach Koudela verschlingen die Übungen mit den immer schwierigeren Elementen/Koeffizienten an den Ringen, seiner Domäne, „die anderen 70 Prozent steck´ ich in die anderen Übungen!“

Die sind nämlich deshalb so wichtig, um die vorderhand noch entfernte Endstation Sehnsucht, sprich: Olympia 2021, zu erreichen. Und das funktioniert letztlich nur über eine möglichst hohe Mehrkampf-Punktezahl, die – so rechnet der Mathematiker nach und vor – „um 80 bis 81 Punkte liegen sollte.“ Dazu, so ergänzt Hök, müsse er „Defizite zu verringern, fünf Geräte mit 13 und etwas turnen – und dafür an den Ringen zuschlagen!“ Also gelte es einerseits, die Schwächen an Boden und auch Barren zu minimieren, zum anderen aber die Stärke und auch Schwierigkeitskomponenten am Lieblingsgerät weiter zu steigern bzw. auch fehlerfrei zu bewältigen.

Schließlich reichen Höck historische Erfolge bei Weltcup, Universiade oder Junioren-EM noch lange nicht. Für ihn und die Turnnation Österreich, mittlerweile mit einer Vielzahl an guten Resultaten an der Schwelle der Europaklasse, geht´s schließlich auch darum, neun Jahre nach Sportdirektor Fabian Leimlehner (2012/London) den Traum vom Olympiastart eines männlichen Turners zu verwirklichen. Trotz der Qualifikations-Richtlinien, die in Relation zu anderen Sportarten fast schon einem Alptraum gleichen. Jedenfalls eine knifflige, undurchsichtige, auch rechnerisch höchst komplizierte Angelegenheit, weil Turner aus qualifizierten Teams schon einen Fixplatz haben, es also nur noch wenige Plätze für Einzelturner aus allen fünf Kontinenten gibt.

icht mehr als ganze zwei Plätze davon werden nach dem Warmup mit der Meisterschaft (November/Egg/Vbg) bei der Dezember-EM 2020 vergeben, wobei wegen des Kriegszustands in und um Berg-Karabach der Schauplatz Baku wackelt oder möglicherweise am Montag durch eine Stadt aus den Alterativkandidaten Ungarn, Slowenien und Türkei ersetzt wird. Die nächste und wohl letzte Qualifikationschance bietet dann die EM 2021 in Basel, wobei man angesichts eines steten Auf oder Ab in stets wechselnden Verordnungen, Einschränkungen, Aussperrungen, Verschiebungen und Verlegungen, alten Regeln und neuen (Olympia-)Richtlinien so genau sowieso nicht weiß, wie, wann, wo und unter welchen Auspizien es weitergeht – oder endet. Vinzenz Johann Höck, der mit einer akademischen Rolle diplomierte Rechner, scheint jedenfalls für den Final Countdown sportlich, mental und körperlich gerüstet zu sein. Wär´s anders, wäre er ja keine historische Figur, die Turngeschichte geschrieben hat. Ein ums andere Mal.

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