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Von Kabel-Gau bis Emmentaler-Rasen – Wien als Fall für bissige Satiriker

Wien ist anders. Vor allem, was den Sport betrifft. Da ist Wien ganz anders. Da zeigt es wie auch München höchstens (Regenbogen)-Flagge, nicht aber jene im Sport. Der spielt an der schönen blauen Donau schon seit längerem die Rolle der unwichtigsten Nebensache der Welt. Die Dominanz von einst hat sich in ein Statistendasein verwandelt. Staatsmeister von gestern lassen inzwischen anderen von Ost bis West höflich den Vortritt: Nach ihnen, bitte … Wie gut es um den Sport in Wien steht, das haben sowohl ein endlos langes Blackout als auch ein gottlob nicht fataler Fehltritt eines Dänen beim Fußballduell im Stadion demonstriert – zwei Blamagen auf einen Sitz, bei denen sich der grenzgeniale Namensgeber Ernst Happel um Grab umdrehen würde.

War auch wirklich zu dumm, dass es den „Kabel-Gau“ just an einem der Pfingst-Feiertage geben musste, der bekanntlich ja im Allgemeinen kein Arbeitstag ist. Kismet, also Schicksal und höhere Gewalt, gegen die ja ebenso bekanntlich wenig zu machen ist. Aber wirklich zu dumm, dass dieses verdammte Nations-League-Duell just nach vorangegangen Unwettern just an einem Pfingst-Feiertag ausgetragen werden musste, an dem offensichtlich niemand mehr die Zeit und die List gehabt hatte, den Platz und den Rasen untertags zu inspizieren. Wär´s anders gewesen, dann hätte ja irgendwer irgendwann irgendwo jenen tiefe Narbe im Gras entdecken müssen, in die einer der Däne dann gegen oder nach Spielende eingesunken ist.

Ja, in der Tat, die in Umkehrung der wahren Tatsachen selbsternannte Sportstadt Wien hat sich just in und mit ihrem eher als Veranstaltungs- denn Fußballtempel benützten Prater-Stadion an einem Abend im internationalen Spiegel gleich in doppelter Ausführung der Lächerlichkeit preisgegeben. Mehr noch, jetzt hat das Rennen gegen die Uhr eingesetzt, damit das Match gegen Weltmeister Frankreich auch auf einem „unfallfreien“, nicht löchrigen Emmentaler-Rasen gespielt werden kann. Einen Plan B gibt´s nämlich nicht…

Ob diese Form von Satire sogar einem begnadeten Spötter wie ehedem Nestroy oder in der Neuzeit dem bissigen Kishon eingefallen wäre, überlasse ich lieber dem Reich des Spekulativen. Wie man´s aber dreht und auch wendet, so hat Wien zumindest für die nächsten Jahre abseits von temporär arrangierten Beachvolleyball-Arenen, Tennis-Events in der Stadthalle oder Padel-Tennis-Premieren in der modifizierten Steffl-Eishalle längst als jahrelanger Veranstaltungs-Weltmeister mehr oder weniger ausgedient. Die meisten Sportstädten wurden anderen Prioritäten geopfert, also geschleift, oder sie sind inzwischen so in die Jahre gekommen, dass sie sich als einst fortschrittliche Up-do-date-Bauten mittlerweile das Etikett von historischem Denkmalschutz aufkleben dürfen.

Und dazu gehört natürlich auch das Prater-Stadion, das aus polithistorischen, auch symbolischen Gründen nur umgemodelt, mit Dach versehen, aber nie wirklich durch eine moderne, zukunftsweisende Arena ersetzt werden durfte – als Monument der Arbeiter-Olympiade 1931, das so dort stehen bleiben muss, wo es hingebaut wurde, das wär´ ja noch schöner, nicht wahr! Und wenn das Grundwasser der Donau noch so zu Löchern im Rasen führt. Möglicherweise aber auch durch andere Events, die nichts mit Sport am Hut haben, sondern nur mit gutem (Konzert)-Geschäften! Geschichte hin, Politik her – alles kein Grund, den (Spitzen)-Sport mit Füßen zu treten! Aber Wien ist, wie es der Werbe-Slogan bekanntlich behauptet, ja anders. Ganz anders.

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