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Wenn ein Jungstar wie Felix Gall zwischen Gift und Galle medial unter die Räder kommt

Der Stellenwert des Sports im Allgemeinen und die mediale Wertigkeit von Sportarten und deren Sportler: Innen sind ein eigenes Kapitel, über das alle zehn, zwanzig Jahre nach Pannen, Pech und Pleiten geschrieben, diskutiert und kommentiert wird. Wer aber meint, es hätte sich was geändert, der sitzt einem Irrtum auf. Nicht erst jetzt, da über den neuen ÖOC-Vorstand samt Präsidium gekeift, gestritten und natürlich unter dem Vorwand, nur das Beste für Sportler: Innen zu wollen, um Posten gerangelt wird.

Dass dabei auch Süßholz geraspelt und wie beim Schwimmpräsidenten quasi um Mitleid geheischt wird, weil er sich trotz seines zeitintensiven Anwalt-Berufes nicht nur um den heimischen, sondern sogar (als 7. Vizepräsident) um den Europaverband (am Genfer See domiziliert) kümmern und sich auch noch für den Einfluss beim ÖOC aufopfern müsse, diese Selbstlosigkeit im Interesse der Sportler Innen ist wirklich aller Ehren wert. Da muss man schon den Hut ziehen – oder die Frage stellen: Warum tut sich das einer an, wenn er durch Zeit- und Termindruck ins Schwimmen kommt?

Lassen wir das und wenden uns, was mich an sich nichts angeht, mir als aktiver Altvorderster der Branche aber zusteht, der medialen Wertigkeit von sportlichen Leistungen zu, worüber ich mich als Ewiggestriger, dem klassischen, olympischen Einzel- und Mannschaftssport verbundener Sportschreiber nur noch wundern kann. Wobei man auch da zwischen Print- und immer mehr am Handy, Laptop und Computer gelesenen Online-Berichten (noch) unterscheiden muss. 

Der echte Spitzensport tritt zugunsten einer Adabei-, Fun-Sport- oder billiger Sensationshascherei immer mehr in den Hintergrund! Wenn ich mich der Zeiten erinnere, als ein Zadrobilek, ein Wechselberger, ein Luttenberger oder auch ein Totschnig in der den klassischen Rundfahrten echte Husarenritte lieferten, da war die Medienlandschaft ganz aus dem Häuschen – und vor fast 20 Jahren wurde Totschnig unter Nasenrümpfen mancher zum Sportler des Jahres gewählt, weil er in einer Solofahrt in den Pyrenäen sogar den später verdammten Lance Armstrong abgehängt hatte.

Soweit die Vorgeschichte zum ersten Gipfelsturm des Mid-Twens Felix Gall (25) aus Osttirol bei der Bergankunft der 3. Etappe in der T our de Suisse, bei dem ihm erst auf den letzten Metern die Körner ausgegangen, er mit nur drei Sekunden Rückstand ins Ziel gekommen war, nur besiegt von einem Nordländer. 24 Stunden später drehte Gall mit einem tollen Berg-Solo den Spieß um und feierte nicht nur seinen ersten Profisieg, sondern schlüpfte auch ins gelbe Trikot des Gesamtführenden. Auch vor Weltmeister und Vuelta-Sieger Evenepoel aus Belgien,  dem deklarierten Nachfolger von Eddy Merckx, wobei ich mir nicht sicher bin, ob Jungkolleg: Innen mit beiden Namen was anfangen können. Immerhin gilt er endlich als Sensation, wobei Gall ohne Vorname Felix oder der Herkunft Osttirol allein dem Normalverbraucher nichts sagt, er könnte ja gut und gern auch Slowene, Franzose, Däne, Deutscher, Schweizer, Südtiroler  etc. sein, nicht wahr.

Gall, das sei angefügt, ist KEINE Eintagsfliege,  sondern hat als 25jähriger schon viel erreicht, er war Juniorenweltmeister (Straße), er hätte (ohne Zielsturz) schon einen Tagessieg bei der Tour the Alps (9.) feiern können, er fuhr im Baskenland und in Italien im Countdown zur Tour de France (statt ursprünglich Giro) in die Top 10, mischte als neue Hoffnung des französischen AG2R-Teams immer wieder das Establishment auf.

Spitzenmeldung war Freund Gall bis heute noch keine, medial eher ein unbeschriebenes Blatt, vor allem Online. Da rangierte die junge Hoffnung aus Osttirol hinter solch tollen News wie Darts-Gentleman Suljovic, 20 Jahre Golf-Week, Grabher-K. o. in Valencia, mögliche Bundesliga-Aufstockung, neues Real-Trikot, nach Berlusconi-Tod neuer Monza-Chef (?) unter fernen radelten. Und fast nirgendwo war´s besser, da fand er sich unmittelbar vor der Meldung, dass dem Norsker-Biathlon-Superstar Böe im eigenen Garten womöglich eine Kreuzotter ohne Folgen gebissen haben soll. Angesichts solcher, meiner Meinung völlig absurder (Ab) Wertigkeit im Sport fühlt man sich manchmal, als wäre man von einer Tarantel gestochen worden.  Felix Gall, eine Rad-Größe in spe, kommt zwischen  Gift und Galle für mich zumindest viel zu sehr unter die Räder von sportlichem Müll… 

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