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Mr. Butterfly Espernberger oder: Heil in Auslandsflucht gesucht

Er hatte sein großes Potenzial schon im Semifinale als Vierter angedeutet, nützte es aber heute Abend in Doha, um es mit der ersten und wohl einzigen Schwimm-WM-Medaille für Österreich zu veredeln. Mit Kraft und Können, Hirn und Herz flatterte der erst 20-jährige US-Auslandsstudent Martin Espernberger im Finale über 200m Schmetterling in 1:55,16 Minuten zu Bronze und zwölf Jahre nach Dinko Jukic zum neuen Mister Butterfly im Land am Strome, was in der Tat stimmt, weil Espernberger vom Olympiastützpunkt Linz stammt, den er aber längst verlassen hat. Das Ticket für Olympia an der Seine hatte er schon vorher gebucht. Das nächste Ziel, das der Wahl-Amerikaner nach der vorolympischen Aufbauphase ins Visier nimmt, ist der Jukic-Rekord von London 2012, der immer noch bei 1:54,35 steht (Platz 4).  

Espernbergers Glanzleistung entschädigte nicht nur für das rätselhafte Formtief des sonstigen Medaillenkandidaten Auböck, sondern auch fürs Aus anderer Österreicher(innen). Mit Ausnahme der aus Deutschland zugewanderten und in Dänemark trainierenden Iris Julia Berger (200m Kraul in 2:00,20/ÖR Lisa Zaiser, 2014, 1:58,53) verpassten alle anderen ihre persönlichen Bestzeiten mehr oder weniger klar – ob Kraulsprinter Heiko Gigler (100m 49,16/ÖR 48,43), ob Allrounder Bernhard Reitshammer (50m Brust, 27,30/15., ÖR 26,94), ob Delfin-Sprinter Simon Bucher (Swim-off-Verlierer 23,52/17./ÖR 23,05) oder auch Lena Kreundl (200m Lagen, 2:13,72/Platz 13, PB 2.12,81/2016!).

Wer sich nicht nur ab und zu, sondern auch im Detail mit unserem Schwimmsport beschäftigt, dem war schon vor Espernbergers Bronze klar, dass die meisten Schwimmerfolge nicht auf heimischen Mist gewachsen sind, sondern mehrheitlich auf das Konto importierter oder ausgewanderter Sportler(innen), aber auch zugewanderter oder ausländischer Trainer ging und geht. Das war schon so mit Rogan, Podoprigora, den Jukic-Geschwistern und davor einer halben Litauerin wie Elvira Fischer, inzwischen als Frau Doktor eine respektierte Neurowissenschaftlerin in Kopenhagen, die nicht mehr nur schwimmt, sondern radelt und läuft als passionierte Triathletin.

Und das ist jetzt nicht anders, denn Auböck hat sein Felix-Glück seit 2014 in Berlin, Michigan und Loughborough gesucht und mit Weltklasserekorden, mit Gold, Silber, Bronze und 16 Endläufen trotz des jetzigen WM-Tiefs auch gefunden. Und das wiederholt sich mit Martin Espernberger, der sich seit dem Jahr 2021, als er beschloss, die Linz-Truppe zu verlassen, um nach Amerika und Knoxville zu gehen, über 200m Delfin um fast sechs Sekunden verbessert hat. Ein Quantensprung im Vergleich zu ein paar Zehntel auf oder ab, bevor es in den Vereinigten Staaten im „Haifischbecken“ mit Klasseleuten zur Sache ging. Wohin es seit der Reise über den großen Teich noch geht, lässt sich schwer sagen.

Statt Bleibe im Lande und nähre dich redlich heißt das Motto eher: Geh in die Fremde und arbeite brutal ehrlich! Auch Jung-Polizistin Kreundl nähert sich nach Frust und Umweg über die Schweiz wieder alten (Best) Zeiten; die vom Ungarn Fehervari einst geschulte Marlene Kahler schwimmt aktuell wie einst Rogan in Los Angeles (USC) und damit ein 4x200m-Kraul-Quartett für das Vizepräsidenten-Töchterl Lena Opatril gebastelt werden konnte, wurde von Rhenania Köln und dem seutschen Schwimmverband die großgewachsene Tochter eines österreichischen Wissenschaftlers geholt, eben jene Iris Julia Berger, die angesichts dessen, dass es keine 20 Länder gibt, die eine halbwegs passable Staffelzeit schwimmen können, auf dem Schleuderplatz 16 in Neo-Rotweißrot womöglich doch noch auf Olympia in Paris hoffen darf. 

Wie man dieser Kurzstatistik entnehmen kann, muss sich der Schwimmverband, der finanziell meines Wissens nach keineswegs im Geld schwimmt, unbedingt einen Sportdirektor leisten, dessen Aktionsradius vor allem auf dem Laptop oder bei Reisen zu mehr oder weniger großen Events beachtlich ist, sich aber im Alltag mehr auf das Leistungszentrum Südstadt beschränkt. Dort, wo es nach einem steilen Aufstieg unter dem ungarischen Spitzentrainer Fehervari vor der bärigen Unterstützung durch einen Sportdirektor mittlerweile vor allem mit einstigen Hoffnungen wie Ex-Junioren-Vizeweltmeisterin Grabowski, aber auch anderen, eher steil bergab geht.

Kein Wunder, wenn einige Experten mit Stoßseufzern der Erleichterung meinen, dass es die eine oder der andere gottlob geschafft haben, ihr Schwimmheil mit der Flucht ins Ausland zu suchen. Was übrigens auch für Open-Water-Krauler Jan Hercog gilt, den Grazer, der via Würzburg und jetzt Magdeburg die Endstation Paris zwar knapp, aber doch erreicht hat. Und immerhin lebt ja auch der deutsche Girl-Import für Österreich  auf einem guten dänischem (Trainings)-Fuß. Solch Distanzen müssen natürlich vom Sport-Capo koordiniert werden, um wenigstens hie und da auf einen Nenner zu kommen. Jetzt warte ich nur noch darauf, dass sich der Verband mit all diesen fremden Federn schmückt, zu denen nun auch der für Fachleute nach Jänner-Klassezeiten Nicht-mehr-Sensationsmann Martin Espernberger gehört. Knoxville, Tennessee, lässt grüßen…

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